Kant: Briefwechsel, Brief 733, Von Franéois Théodore de la Garde.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Franéois Théodore de la Garde.      
           
  20. Dec. 1796.      
           
  Hochzuverehrender Herr Profeßor!      
           
  Ihr Schreiben vom 13t. Xbr. hat mich außerorndlich viele Freude      
  gemacht, weil ich dadurch einen Beweiß erhalten, daß ich noch in      
  Ihrem freundschaftlichen Andenken stehe, worann ich wegen Ihr Stillschweigen      
  auf meinen Brief vom 23 Iuny, zu zweiflen anfing.      
           
  Gedachter Brief war mit ein Ex. eines philosophischen Werks      
  des HE Montréal aus Paris begleitet, welches ich Ihnen im Namen      
  des Verfaßers überreichte.      
           
  Bey dieser Gelegenheit bemerkte ich, wie sehr man in Paris      
  wünschte mit Ihren Schriften näher bekannt zu werden. Da dies      
  vorzüglich von Sieyes verlangt wird; so habe ein gewißer Theremin      
  es übernommen, eine französische Ubersezzung Ihrer Werke zu      
  bearbeiten. Ich gab meine Zweifel zu erkennen, daß ein solches      
  Unternehmen von gutem Erfolg seyn werde. Ob diese Zweifel gegründet      
  sind, mögen Sie Selbst entscheiden, wenn Sie eine in Paris      
  veranstaltete Ubersezzung Ihres Werks: Uber das Schöne und Erhabene      
  - welche Ihnen mit nächsten zukommen wird - werden      
  gelesen haben. Dagegen war ich der Meinung, daß eine, unter Ihrer      
  Aufsicht, von einem sachkundigen Manne, veranstaltete Lateinische      
  Ubersezzung Ihrer sämtlichen Werke, den erwünschten Entzwek erreichen      
  würde, und bath: mir den, nach Ihrem Urtheile fähigen Mann, zu nennen.      
           
  Seitdem weiß ich, daß ein Leipziger Buchhändler diese Idee      
  bereits ausgeführt hat, und auch, das Ex: nach Paris von gedachter      
  Ubersezzung gekommen und sich unter den Händen vieler Gelehrten befinden.      
  Entspricht diese Ubersezzung dem Wehrte des Originals, so entsage      
  ich es mein Unternehmen auszuführen, sonst wäre ich noch geneigt dazu.      
           
           
  So schätzbahr für mich die Aeußerung ist, daß Sie noch immer      
  geneigt sind, mit mir ferner Geschäfte zu machen, und so schmeichelhaft      
  Ihr Versprechen ist, daß dies mit der Zeit auch wirklich geschehen      
  soll; so habe ich doch wieder die angeführten Gründe, warum es jetzt      
  nicht schon geschehen, nichts einzuwenden. Sie sind deswegen mit mir      
  keine Verbindlichkeit eingegangen und ich weiß, daß wenn ich von      
  Ihnen dereinst ein neues Werk verlege, ich es blos Ihrer Güte zu      
  verdanken haben werde. Daher soll mein Vortheil mich auch nie verleiten,      
  an Sie eine unbescheidene Forderung zu machen, welche Sie      
  nur mit Hintenansezzung des Ihrigen, befriedigen könnten. Uberdem      
  so ist Ihr jetziger Verleger mein Freund, und ein Mann den ich      
  wirklich schätze.      
           
  Allein, nie wird es für mich gleichgültig seyn, ob ich bey Ihnen      
  verehrungswürdiger Mann, noch in gutem Andenken stehe, oder ob      
  ich dieses Glüks nicht mehr genieße?      
           
  Daß ich mich des ersten zu erfreuen habe, davon bin ich durch      
  Ihr gütiges Schreiben überzeugt worden.      
           
  Nehmen Sie dagegen nebst meinen aufrichtigen Dank zugleich      
  die Versicherung an, daß ich stets mit Gesinnungen der vollkommensten      
  Achtung und innigsten Verehrung beharre      
           
    Dero      
    gantz ergebenster Diener      
  Berlin den 20 Xbr Fd Lagarde      
  1796.        
           
           
           
     

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