Kant: Briefwechsel, Brief 569, An Johann Christoph Linck. |
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| An Johann Christoph Linck. | |||||||
| 15. April 1793. | |||||||
| Ew: Wohlgebohrn | |||||||
| kan ich jetzt ein für die vacante Condition | |||||||
| taugliches Subject in Vorschlag bringen. Es ist Hr. Magister Jacobi, | |||||||
| der vor Kurzem hier ein Institut zur Unterweisung junger Leute, die | |||||||
| sich dem Handel widmen wollen, öffentlich ankündigte, diesen Anschlag | |||||||
| aber, wegen Mangel an Liebhabern, jetzt aufgegeben hat. - Ich hatte | |||||||
| ihm nämlich, bey den Besuchen, die er mir abstattete, von dem Auftrage, | |||||||
| den ich habe, einen Erzieher für einen jungen Menschen von | |||||||
| etwa 7 Iahren mit 200 rthlr. jährlichem Gehalt zu suchen, doch unter | |||||||
| Verschweigung aller Nahmen, Eröfnung gethan und er setzte mich vorgestern | |||||||
| in Verwunderung, als er sich gegen mich erklärte, eine solche | |||||||
| Stelle wohl selbst annehmen zu wollen, wenn vornehmlich dabey einige | |||||||
| Aussicht zur Versorgung mit einer Priesterstelle verbunden wäre; denn | |||||||
| er hat sich uranfänglich zur Theologie habilitirt und ist nur auf jenen | |||||||
| Plan gekommen, weil er dabey einen kürzeren Weg zur Versorgung | |||||||
| zu finden hoffte. - Sonst ist er auch als Autor einiger in die Geographie | |||||||
| einschlagender und nicht übel aufgenommener Schriften bekannt geworden. | |||||||
| Sollten Ew: Wohlgeb. nun noch keinen Candidaten in Bereitschaft | |||||||
| haben, so glaube ich, dieser würde zu dieser Stelle recht gut seyn. | |||||||
| Denn ob er gleich für einen Patron, der ein Vergnügen daran fände, | |||||||
| sich an dem Hofmeister seines Hauses zu reiben, vielleicht nicht gewafnet | |||||||
| gnug sein dürfte: so wird er doch auf sich auch nicht Prise geben, indem | |||||||
| er gutmüthig, überlegt und von Natur gefällig ist. | |||||||
| Wenn Sie ihn also schon kennen, so würde ich ihn, im Fall da | |||||||
| Sie diesen Vorschlag acceptiren, heute Nachmittag nach 3 Uhr zu | |||||||
| Ihnen schicken; sollten Sie ihn aber noch nicht, wenigstens nicht nahe | |||||||
| genug kennen, so schlage ich vor: mich heute um dieselbe Zeit mit Ihrem | |||||||
| gütigen Besuch, der als von ungefähr so zutreffend angesehen werden | |||||||
| könnte, zu beehren, weil Sie ihn alsdann bey mir finden würden und | |||||||
| ich das Gespräch darauf lenken könnte. | |||||||
| Es ist nicht mehr nöthig, als Uberbringern mündlich durch Ia | |||||||
| oder Nein von Ihrem Vorsatz zu belehren. | |||||||
| Ubrigens bin mit der vollkommensten Hochachtung | |||||||
| Ew: Wohlgebohren | |||||||
| K. | ganz ergebenster Diener | ||||||
| den 15 April 1793. | I Kant | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 423 ] [ Brief 568 ] [ Brief 570 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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