Kant: Briefwechsel, Brief 523, Von Iohann Gottlieb Fichte. |
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| Von Iohann Gottlieb Fichte. | |||||||
| 6. Aug. 1792. | |||||||
| Wohlgebohrner Herr, | |||||||
| Höchstzuverehrender Herr Profeßor, | |||||||
| Durch einen Umweg, weil ich selbst die Litteratur Zeitung sehr spät | |||||||
| erhalte, bekomme ich eine unbestimmte Nachricht, daß in dem Intelligenz | |||||||
| Blatte derselben meine Schrift für eine Arbeit von Euer Wohlgebohrn | |||||||
| ausgegeben worden, und daß Dieselben sich genöthigt gesehen, dagegen | |||||||
| zu protestiren. In welchem Sinne es möglich war, so etwas zu sagen, | |||||||
| sehe ich nicht ein; und kann es um so weniger einsehen, da ich die | |||||||
| Sache nur unbestimmt weiß. - So schmeichelhaft ein solches Misverständni | |||||||
| sich für mich sein müste; so erschrekt es mich doch sehr, | |||||||
| wenn ich es mir als möglich denke, daß Euer Wohlgebohrn, oder ein | |||||||
| des Publicum glauben könnten: ich selbst habe durch eine Indiscretion | |||||||
| Art der Hochachtung, die Ihnen jedermann um destomehr | |||||||
| ist, da sie fast die einzige bleibt, die wir Ihnen erweisen | |||||||
| verlezt, und dadurch auch nur die entfernteste Veranlaßung zu | |||||||
| Vorfalle gegeben. | |||||||
| habe sorgfältig alles zu vermeiden gesucht, was Dieselben die | |||||||
| wohlthätige Verwendung - ich weiß das, und anerkenne | |||||||
| - um meinen ersten schriftstellerischen Versuch, bereuen machen | |||||||
| könnte. Ich habe nie, gegen irgend Iemand etwas gesagt, da | |||||||
| Aeußerung, daß Sie nur einen kleinen Theil meines Aufsatzes | |||||||
| und aus diesem auf das übrige nur geschloßen, widerspräche; | |||||||
| habe vielmehr eben das mehrmahls gesagt. Ich habe in der Vorrede | |||||||
| kaum merklichen Wink, daß ich so glüklich gewesen bin, | |||||||
| zum Theil gütig von Ihnen beurtheilt zu werden, vertilgt. | |||||||
| wünschte jezt, leider zu spät! die ganze Vorrede zurükbehalten zu | |||||||
| ist die Versicherung, die ich Euer Wohlgebohrn, nicht aus | |||||||
| daß Sie ohne gegebne Veranlaßung mich für indiscret halten | |||||||
| sondern um Denenselben meine Theilnahme an dem unangenehmen | |||||||
| die sich auf die reinste Verehrung gegen Sie gründet, zu | |||||||
| erkennen zu geben, machen wollte. Sollte, wie ich vor völliger Kunde | |||||||
| Sachen nicht beurtheilen kann, und worüber ich mir Euer Wohlgebohrn | |||||||
| Rath erbitte, noch eine öffentliche Erklärung von | |||||||
| meiner Seite nöthig sein, so werde ich sie ohne Anstand geben. | |||||||
| Euer Wohlgebohrn der Frau Gräfin von Krockow, in | |||||||
| Hause ich so glükliche Tage verlebe, welche mir aufträgt Ihnen | |||||||
| Hochachtung zu versichern, und welche selbst die aller Welt verdient, | |||||||
| eine kleine Neugier für gut halten? Sie findet ohnlängst im | |||||||
| Garten zu Oliva an der Statüe der Gerechtigkeit Ihren | |||||||
| angeschrieben, und wünscht zu wißen, ob Sie selbst da gewesen | |||||||
| Ohngeachtet ich Ihr nun vorläufig zugesichert habe, daß aus | |||||||
| angeschriebnen Namen sich garnichts schließen laße, weil Sie es | |||||||
| nicht gewesen, der ihn hingeschrieben; so hat Sie sich doch schon | |||||||
| sehr mit dem Gedanken familiarisirt, an einem Orte gewesen zu | |||||||
| wo auch Sie einst waren, und besteht auf Ihrem Verlangen, Sie | |||||||
| fragen. Ich finde aber, daß dieser Neugier noch etwas anders zum | |||||||
| liegt. "Sind Sie in Oliva schon einmal gewesen, denkt Sie, | |||||||
| könnten Sie wohl einst in Ihren Ferien wieder dahin, und von da | |||||||
| wohl auch nach Krockow kommen" - und es gehört unter Ihre | |||||||
| Sie einmal bei sich zu sehen und Ihnen ein paar | |||||||
| Tage, oder auch Wochen zu machen; und ich glaube selbst, | |||||||
| Sie den zweiten Theil Ihres Wunsches sicher erreichen würde, | |||||||
| wenn Sie den ersten erreichen könnte. | |||||||
| Ich bin mit warmer Verehrung | |||||||
| Euer Wohlgebohrn | |||||||
| Krockow, d. 6. August. | gehorsamster Diener | ||||||
| 1792. | J. G. Fichte. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 350 ] [ Brief 522 ] [ Brief 524 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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