Kant: Briefwechsel, Brief 470, Von Ludwig Heinrich Iakob.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Ludwig Heinrich Iakob.      
           
  10. Mai 1791.      
           
  Verehrungswürdiger Herr Professor,      
  Ich bin so frei gewesen der zweiten Auflage dieses Lehrb[uchs] Ihren      
  von mir so sehr geachteten Namen vorzusetzen, und hoffe von Ihrer      
  Güte, daß Sie meine Absicht nicht verkennen werden. Vielleicht habe ich      
  meinen Endzweck, durch dieses Lehrbuch Veranlassung zu geben, daß junge      
  Leute zur Lesung der Critik und zum kritischen Studiums der Philosophie      
  überhaupt gehörig vorbereitet werden möchten, durch die Umänderungen      
  noch besser erreicht; und ich würde mich sehr glücklich schätzen, wenn      
  ich Ihr Urtheil darüber vernehmen könnte. Ich muß gestehen, daß es      
  ein sehr großer Wunsch ist, daß Sie sich entschließen möchten, über      
  dieses Lehrb. zu lesen. Zwar fühle ich wohl, wie wenig delikat die      
  Äusserung eines solchen Wunsches ist. Aber das Bewußtseyn, daß ich      
  denselben mehr für das Beste der Sache als für mein eigenes Interesse      
  thue, benimmt ihm in meinen Augen das Unbescheidene, besonders da      
  ich weiß, daß Sie bisher über Meier und Baumgarten gelesen haben,      
  welche es doch den Zuhörern weit schwerer machen müssen Ihrer Gedankenreihe      
  zu folgen.      
           
  Ich habe vor kurzen einen ziemlich vortheilhaften Antrag nach      
  Giesen an des G[eh.] R[ath] Böhms Stelle erhalten; und man hat mich zur      
  Entschädigung von Berlin aus zum Prof. Ordin. mit 250 rthlr. fixum      
           
  ernannt. Hierdurch bin ich die lästige Schularbeit los geworden, und      
  habe ausserordentlich viel Zeit gewonnen; ich weiß gewiß, daß Sie an      
  dieser für mich so vortheilhaften Veränderung Antheil nehmen.      
           
  Es ist mir gelungen dem HE. M. Beck, welchen Sie einmal an      
  mich empfohlen haben, eine Lehrstelle am Gymnasio zu verschaffen, u.      
  er wird von Ostern an Mathematica u. philosophica lesen.      
           
  Ich höre daß Sie das Publikum mit einer Moral u. Naturrecht      
  beschenken werden. Wie sehr freue ich mich darauf! und wie sehr      
  wünsche ich, daß Sie noch recht lange Kräfte und Heiterkeit behalten      
  mögen, um Ihr Gebäude ganz zu vollenden!      
           
  Herr Rath Reinhold hat einen Ruf nach Kopenhagen mit 1200 rthlr.      
  Gehalt; aber wie ich höre, wird er mit einer Entschädigung vorlieb      
  nehmen und in Iena bleiben. Der Ruf nach Giesen ist nun an HE.      
  Adj[unct] Schmid gelanget.      
           
  Ich empfehle mich Ihrer Gewogenheit, der ich mit der tiefsten      
  Ehrfurcht bin      
           
    Ihr      
  Halle ganz ergebenster      
  den 10 Mai L H Iakob.      
  1791.        
           
           
           
     

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