Kant: Briefwechsel, Brief 381, Von Friedrich Nicolovius.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Friedrich Nicolovius.      
           
  Riga d. 9/20 September 1789.      
           
  Theurer Herr Profeßor!      
  Meinen Vorsaz, um Michaelis schon in Königsberg zu seyn, habe      
  ich meiner hiesigen Lage wegen, die mich ohngefähr noch bis Weynachten      
  hier an Riga binden wird, abändern müßen, und ich halte es daher      
  für nöthig, Sie davon zu benachrichtigen, und nehme die Gelegenheit      
  zugleich wahr, mich Ihrem gütigen Andenken aufs neue zu empfehlen.      
  Sie haben mir die Hofnung durch meinen Bruder gegeben, eine      
  mündliche Antwort auf meinen Brief von Ihnen erwarten zu können;      
  halten Sie aber es jezt für nöthig, mir hierüber eher Bescheid zu      
  geben, da ich gewiß hoffe, daß Sie meinen Erwartungen völlig Gnüge      
           
  leisten werden, so bitte ich Sie, mir durch meinen Bruder Ihre Entschließungen      
  wißen zu laßen, und ich wage es noch einmal Sie zu      
  ersuchen, wo möglich, mir meinen Anfang durch den Verlag eines      
  Ihrer Werke zu erleichtern, und ich werde mich bemühen, in der Folge      
  mich beständig Ihres Zutrauens werth zu machen. Erlauben Sie mir      
  noch eine Anfrage, die durch die Spekulation eines Anfängers entsteht,      
  der sich gern emporstreben will; und in dieser Rüksicht, erwarte ich Ihre      
  Nachsicht. Sie wißen es selber, wie geltend und wie sehr gesucht jezt      
  selber Ihre früheren Schriften werden, worunter meiner Ueberzeugung      
  nach die Theorie des Himmels das schäzbarste Werk ist, welches leider      
  aber schon lange gänzlich fehlt. Ihr Zeitmangel erlaubt es Ihnen      
  freilich nicht, sich an eine neue Ausgabe dieser Schrift zu machen,      
  vielleicht aber möchten Sie diese Arbeit einem andern Gelehrten anvertrauen,      
  der die nöthigen Verbeßerungen und die neueren Entdeckungen      
  darinn einzuweben versteht; etwa wäre HE. Bode in Berlin      
  oder auch HE. Hofprediger Schulz in Königsberg der Mann, der      
  dieses zu thun im Stande wäre. Wie glüklich möchte ich mich schäzzen,      
  die Gelegenheit gegeben zu haben, diese versiegte Quelle reichhaltiger      
  und schäzbarer Kenntniße wieder zu eröfnen. Ihre Antwort hierüber,      
  ob es eine gute oder eine falsche Spekulation ist, erwarte ich auch.      
  Verzeihen Sie mir meine Dreistigkeit, die es wagt, Sie so sehr zu      
  beschweren, und entziehen Sie Ihr Vertrauen nicht,      
           
    Ihrem      
    Sie hochschäzzenden Diener.      
    Friedrich, Nikolovius.      
           
           
           
     

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