| Kant: Briefwechsel, Brief 369, Von Friedrich Nicolovius. | |||||||
| 
 | 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| Von Friedrich Nicolovius. | |||||||
| Riga den 13/24 Iuny. 1789. | |||||||
| Theurester Herr Profeßor! | |||||||
| Ihre gegen mich geäußerte gütige Gesinnungen machen mich so | |||||||
| dreist, mich schriftlich an Sie zu wenden, und flößen mir das Zutrauen | |||||||
| zu Ihnen ein, daß Sie mir diese Freymüthigkeit nicht übel nehmen | |||||||
| werden. Meinen Entschluß, einen neuen Buchladen in meiner Vaterstadt | |||||||
| bald zu etabliren, wißen Sie, und werden, wie ich hoffe, ihn | |||||||
| nicht tadeln, da ich selber durch Sie und andre Männer dazu aufgemuntert | |||||||
| bin. Ich entdekte mich auch dem seligen Hartknoch einige | |||||||
| Zeit vor seinem Tode; er billigte nicht nur diesen Vorsaz, sondern | |||||||
| rieth mir auch sehr dazu, es je eher je lieber zu thun, um die beste | |||||||
| Zeit des Lebens nicht vorbeygehen zu laßen; er versprach mir auch, | |||||||
| aufs beste zu unterstüzzen, und meiner jugendlichen Unerfahrenheit in | |||||||
| allen Stücken zu Hülfe zu kommen. Diese Stüzze ist nun gesunken, | |||||||
| und ich bin dadurch in eine üble Lage versezt, doch will ich deshalb | |||||||
| meinen Entschluß nicht aufgeben, sondern ihn mit Entschlossenheit, so | |||||||
| schwer mir auch der Anfang werden sollte, ausführen; dabey verlaße | |||||||
| ich mich auf die Nachsicht und den Rath guter, und erfahrner Leute, | |||||||
| und schmeichele mich, auch auf ihren Beystand rechnen zu können. | |||||||
| Wie sehr freue ich mich, auch von Ihrer Seite, Theurester HE. Profeßor, | |||||||
| mir diesen versprechen zu können; Sie haben mir durch meinen Bruder | |||||||
| diese Hofnung und große Aufmunterung geben laßen, wofür ich Ihnen | |||||||
| aufs dankbarste verpflichtet bin. Sie werden verzeihen, daß ich jezt | |||||||
| schon von diesem gütigen Versprechen Gebrauch mache, wenn ich Sie | |||||||
| bitte mir den zugedachten Verlag Ihrer neuen Schrift nicht zu entziehen. | |||||||
| Wie sehr dies allein mir meinen Anfang erleichtern, und mich | |||||||
| auf der Meße heben kann, darf ich Ihnen nicht erst sagen, da Sie | |||||||
| gewiß selber davon zu sehr überzeugt sind. Mein Plan ist dieser. | |||||||
| Auf Michaelis Riga zu verlaßen, und nach Königsberg zu gehen; und | |||||||
| bis Ostern daselbst alles einzurichten, die Meße mitzumachen, und nach | |||||||
| der Meße meinen Laden zu öfnen. Könnte ich Ihr neues Werk zur | |||||||
| Meße mitnehmen, so wäre mir das äusserst angenehm, weil ich dadurch | |||||||
| den erwünschtesten Kredit gewinnen würde, der mir sonst schwer | |||||||
| werden möchte zu erhalten, da ich jezt die wichtige und versprochene | |||||||
| Fürsprache des HE. Hartknochs entbehren muß. Vielleicht aber ist es | |||||||
| Ihre Absicht, dieses Werk schon früher, etwa diese Michaelis=Meße erscheinen | |||||||
| zu laßen; auch auf diesen Fall denke ich den Verlag desselben | |||||||
| übernehmen zu können, und es als einen guten Vorläufer diese Meße | |||||||
| schon vorauszuschicken, und dadurch in den Stand gesetzt zu werden, | |||||||
| mir diesen Winter einen Vorrath von Büchern verschreiben zu können, | |||||||
| um sie mit der ersten Schiffarth in Königsberg zu haben. Ich bitte | |||||||
| Sie, mir durch meinen Bruder Ihre Gesinnungen darüber melden zu | |||||||
| lassen; alle Bedingungen, die Sie mir machen werden, da ich versichert | |||||||
| bin, daß sie die billigsten seyn werden, mache ich mich anheischig | |||||||
| zu erfüllen und mich ganz in allen Stücken nach Ihrem | |||||||
| Willen zu richten. Ich hoffe, mich Ihnen so zu zeigen, daß Sie mir | |||||||
| auch für künftig Ihren Beystand werden genießen laßen; mein Bestreben | |||||||
| soll wenigstens dahin gerichtet seyn, mich, soviel in meinen | |||||||
| Kräften steht, meiner Vaterstadt nüzlich zu machen. Leiste ich einmal | |||||||
| das, was ich zu seyn trachten werde, so werde ich das, was ich alsdann | |||||||
| seyn werde, gröstentheils Ihnen schuldig seyn; nie werde ich | |||||||
| dieses vergeßen, sondern stets wird sich dieses mit der grösten Dankbarkeit | |||||||
| und Erkenntlichkeit erinnern | |||||||
| Ihr | |||||||
| ergebener Diener | |||||||
| Friedrich Nicolovius. | |||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 066 ] [ Brief 368 ] [ Brief 370 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] | |||||||