Kant: Briefwechsel, Brief 247, Von Gottlieb Hufeland.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Gottlieb Hufeland.      
           
  11. Oct. 1785.      
           
  Verehrungswürdigster Herr!      
  Erlauben Sie mir, daß ich Ihnen den reinsten ungeheucheltsten      
  Dank für die wichtigen unschätzbaren Belehrungen, die mir durch Ihre      
  Schriften zu Theil worden sind, darbringe. Ich wähle dazu die Gelegenheit,      
  die mir meine erste sehr mangelhafte Arbeit im Felde der      
  philosophischen Wissenschaften darbietet, welche ich Ihnen zu überreichen      
  wage. Ich habe darinn Ihnen öffentlich mein Dankopfer gebracht,      
  und nur die Furcht, in den verhaßten Ton der Schmeicheley zu fallen,      
  hat mich vermocht die Wärme meiner Empfindungen zu mäßigen, der      
  freylich die Stelle in meiner Schrift selbst keines weges entspricht. Ich      
  habe es gewagt, da, wo ich nicht überzeugt war, von Ihrer Meinung      
  abzugehen; aber ich kan zum voraus vermuthen, daß wenigstens die      
  meisten meiner Zusätze und Gedanken vor Ihrem prüfenden Scharfsinn      
  nicht aushalten möchten; doch würde ich mehr als belohnt seyn, wenn      
  auch nur einer meiner Vorschläge Ihren Beyfall und Ihre Billigung      
  erhielte, und wenn Sie wenigstens aus meinem Büchelchen nur einige      
  günstige Meinung von mir schöpften; denn ich kenne nichts, was mich      
  so aufmuntern würde, als der Beyfall eines solchen Mannes, und      
  niemanden, dessen Billigung mir so unaussprechlich werth seyn würde,      
  als eben Sie. Eine Antwort auf diesen Brief erwarte ich bey Ihren      
  für die Menschheit so äußerst wichtigen Geschäften gar nicht; da aber      
  Ihre noch zu erwartenden Schriften Materien berühren werden, die      
  aus meinem Wege nicht zu weit entfernt wären; so schmeichle ich mir      
  vielleicht nicht ohne Grund, daß darinn manche Belehrungen für mich      
  seyn werden, die mir wichtig sind ; nicht daß ich meinte, Sie würden      
  durch meine Schrift dazu veranlaßt werden; sondern einzig und allein,      
  weil ich mir vorstelle, daß diese Dinge mit Ihren Materien ziemlich      
  nahe verwandt seyn. Ueberhaupt sehe ich den Schriften, die Sie noch      
  versprochen haben, mit der größten Erwartung entgegen; der Nutzen,      
  den Sie mit den moralischen besonders stiften werden, wird unsäglich      
  seyn, da schon die Grundlegung meines Erachtens das Verdienst      
  hat, die ganze Sittlichkeit zuerst fest gegründet zu haben, und alle, so      
  wohlthätig für unser Geschlecht, von der Speculation ab zur Thätigkeit      
  rufen. - Doch verzeihen Sie meine Geschwätzigkeit, wie meine      
           
  ganze Verwegenheit bey dieser Gelegenheit, und seyn Sie versichert,      
  daß ich mit der unbegränztesten Hochachtung und vollkommensten Ergebenheit      
  ewig seyn werde      
           
    Ew. Wohlgeb.      
  Iena den 11 October 1785. gehorsamster Diener      
    Hufeland D.      
 
 
 

[ Handschriftliche Notiz 5648 zum Brief: AA 18, Seite 296 ]

   
           
     

[ abgedruckt in : AA X, Seite 412 ] [ Brief 246 ] [ Brief 248 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]