Kant: Briefwechsel, Handschriftliche Erklärung 1, Entwürfe in einer Streitsache mit Carl Georg Burckhardt.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Entwürfe in einer Streitsache mit Carl Georg Burckhardt.      
           
  ca. 1784-1786      
           
  Wenn Burckh[ardt] sagt es sey abgemacht so muß er doch auch sagen      
  können wie es abgemacht sey      
           
  Ich habe keinen Bewegungsgrund des interesse gehabt da ich das      
  Logis das ihm bestimt war einer armen Wittwe gratis überlassen      
           
  Ich habe es ehe eine halbe Stunde verlaufen zu Hause und bey      
  Gerlachs HEn Müller erzählt. nachdem ich kurz vorher gesagt haben      
  soll wir sind einig      
           
  Worinn sind wir aber einig gewesen?      
  ists in allem, warum wurde der contract nicht unterschrieben ists      
  in einigen welche wurden denn abgeändert. Warum blieb der contract      
  bey mir ungeändert?      
           
  Er fodert aus einer mündlichen Verabredung warum ließ er mir      
  denn ein contract zur Untersuchung und unterschrift.      
           
  Man kan bey einer Summe die unter 30rthlr. ist wählen ob man      
  durch Schriftlichen Contract oder mündliche Verabredung dabey zu      
  werke gehen wolle ist aber das Verfahren durch den Schriftlichen Verfahren      
  gewehlt worden so kan nicht einer von beyden die bloße Rede      
  auffassen um sie als gültig zum mündlichen contracte anzunehmen sondern      
  wenn der contract nicht von beyden Theilen unterschrieben ist oder      
  wenn nicht das Verfahren durch contract formlich verworfen und mit      
  beyderseitiger Einstimung der mündliche gewehlt worden so ist gar kein      
  contract zu stande gekommen.      
           
  Ich sagte: ich wolle mit dem Preise zufrieden seyn indem ich weiter      
           
  fortlas wo das Proiect des contracts denn herauslaufen würde ob er      
  die Benennung von Miethe nicht durch Einschränkung näher bestimmen      
  wolte.      
           
  Wenn ein schriftlicher Contract abgefaßt ist und man geht davon ab      
  so muß man vorher sagen daß man [in] einen mündlichen eintreten      
  wolle denn man kan ihn nicht durch reservationem mentalem im Sinne      
  haben.      
           
  Dieses alles sind ausdrücke nicht nach Durchlesung sondern während      
  derselben können also nichts bewirken.      
           
  Aus dieser Zwikmühle von mündl: u. schriftl: contract entspringt      
  nun der Anschlag sich der Worte die mitten im Lesen gesprochen worden      
  indem man glaubte einen schriftlichen contract zu lesen also komme      
  es noch aufs unterschreiben an als zum mündl: Contract gehörig anzusehen.      
       
           
  Ich sagte indem sie den kleinsten vorgeschlagenen Preis gewählt      
  hatten und doch so viel unter dem Nahmen Miethe begriffen hatte[n] nach      
  einiger Verwunderung daß es darauf nicht ankomme ich wolte erst sehen      
  wie diese Miethe würde bestimmt werden. folglich wenn es auch ein      
  mündlicher contract hätte heißen sollen so wäre dieses doch nicht verbindlich      
  wenn beym Ende man mit den conditionen nicht zufrieden      
  wäre. Es fehlt das zu allem contract erforderlich ist daß wir nach      
  Vernehmung aller conditionen einig sind      
           
  2. Damit irgend ein Versprechen im contract verbindlich werde      
  dazu wird nothwendig erfodert daß der contract geschlossen d. i. nach      
  Vernehmung aller seiner Bedingungen für angenommen durch beyderseitigen      
  Willen erklärt werde. Nun ist der Contract niemals geschlossen      
  sondern vielmehr durch einen deutlich erklärten Unwillen über die vorgeschlagene      
  Bedingungen des Käufers alle Einstimmung abgebrochen      
  worden etc      
           
  Die Einräumung des kleinen Miethzinses betraf nur einen      
  Theil und es versteht sich von selbst daß der Vermiether mit den      
  übrigen Bedingungen zufrieden seyn müßte um an jene Einwilligung      
  gebunden zu seyn. Dadurch ward also an sich noch kein contract      
  geschlossen      
           
  Wie ich auf die Herabsetzung des Miethzinses kam machte ich zwar      
  die Anmerkung daß es gerade die kleinste Summe sey sagte aber das      
           
  machte es nicht aus ich hatte zwar bemerkt daß neue Forderungen vorher      
  gegangen wären aber darüber wolte ich mich nicht eher erklären      
  als bis ich zu Ende gelesen hatte bis ich auf die Stelle von dem mir      
  erlaubten Gebrauch des Gartens kam welche allen Unterredungen über      
  diese Materie und hiemit auch der Betreibung des Contracts ein Ende      
  machte.      
           
  Ich war damit zufrieden das ich 25 rthlr Zins bekäme denn das      
  hatte ich in einem Billette declarirt aber nicht mit dem was er sich      
  davor ausbedung welches ich ihm um gar keinen Preis accordiret hätte      
  und wovon auch die Rede niemals gewesen war Ich hatte aber nicht      
  nöthig ihm diese meine Meinung zu sagen sondern konte sie bis zu      
  Ende der Durchsicht des contracts aussetzen Als ich aber auf die Stelle      
  kam - - so riß mir die Geduld aus - und das Geschäfte des      
  contrahirens wurde abgebrochen und die Antwort schriftlich zu geben      
  versprochen.      
           
  Was den Preis der Miethe betrift aus dessen Bewilligung der      
  Kläger so große Folgerungen zieht so konte ich ihn allerdings      
  zum voraus einräumen bevor ich noch die Bedingungen oder die      
  Art wie er [seine] vorgeschlagenen Bedingungen bestimmen würde      
  vollig durchgesehen hatte. Denn ich hatte schon vorher angekündigt      
  wie viel ich für diesen Preis lassen könnte war nun die Bestimung      
  der Bedingungen die noch weiterhin im contract folgen      
  würden meinem Vorhaben nicht gemäß so verwarf ich sie und mit      
  ihnen fiel auch der Preis Der Preis war nicht auf alle mögliche Bedingungen      
  festgesetzt sondern die welche mit meinem Plane übereinkommen      
  würden die oder deren nähere Bestimmung ich noch im Begriffe      
  war zu lesen.      
           
  Er hätte können einen mündlichen oder Schriftlichen contract vorschlagen.      
  Den ersteren hätte ich niemals eingeschlagen weil ich das      
  Drehen schon kenne und ohne daß es vorher abgemacht worden wie der      
  contract abgefaßt werden solte konte der Gegner nicht das im Discurse      
  gesagte darüber man seine Meinung mehrmalen verändern kan nicht      
  für einen mündlichen Contract ausgeben. Man müßte sagen diese oder      
  jene Abrede sey statt contracts Allein dieser Zweydeutigkeit hat mich      
  mein angeblicher Miether überhoben. Er sagt deutlich daß der contract      
  schriftlich solte errichtet werden welches gar nicht wieder das Gesetz ist.      
           
  Denn obgleich über einen Wohnzins der unter 30 rthlr. ist ein nicht schriftlicher      
  contract erlaubt ist so ist darum nicht ein schriftlicher verboten      
  und da dieser sich als ein solcher ankündigt so war es mir erlaubt ihn      
  als einen solchen zu behandeln.      
           
  Unsere Unterredung über den contract endigt sich damit daß ich      
  das proiect desselben bey mir behalte und meine Entschließung schriftlich      
  zu schiken verspreche welches denn auch den zweyten Tag nachher      
  geschahe Ich wollte immer noch für 25 rthlr. vermiethen aber nach demselben      
  Plan den ich vorgeschlagen hatte und erwartete nähere Bestimmung      
  Was ich noch in der Erwartung wie die Sache ausgehen würde sagte      
  kan nicht wie förml[iche] erklärung angesehen werden. Es geht auch      
  nur auf einen Theil.      
           
  Es muß davon angefangen werden daß dieses Proiect sich selbst      
  als ein schriftlicher Contract ankündige und da er als ein solcher nicht      
  unterschrieben ist hat er keine Kraft. Um aber auch zu zeigen daß ich      
  mir nicht dieses Vortheils bediene um ein wirkliches obgleich rechtlich      
  hier nicht gültiges Versprechen zu brechen so merke ich nur an daß ich      
  hier wie sonst proiect und contract zuerst flüchtig gelesen also auch      
  vieles anfänglich übersehen habe.      
           
  Die Zeit ist nicht bestimt: es kan å Iahr seyn. Also hat es      
  nicht einmal die reqvisita eines mündlichen contracts.      
           
  Er hat keinen Entschluß oder Abmachung bey sich sondern nur      
  Stücke e. g. den Preis aber nicht welche Bedingung.      
           
  Wie ich den Entwurf las so war ich mir bewust ich läse einen      
  Entwurf zum schriftlichen und nicht zum mündlichen contract mithin      
  daß er nicht eher gültig seyn würde als bis ich ihn durchgelesen approbirt      
  er selbst nachher von mir unterschrieben seyn würde Ich war mir bewust      
  ich könte ihn nochmals nach aller Musse stükweise durchdenken      
  und mit meinen Freunden überlegen. Ich laß ihn also flüchtig durch      
  attendirte auf einige Puncte z. B. daß er gerade die kleinste Summe      
  genommen hatte fiel zuletzt auf die Freyheit im Garten zu promeniren      
  wobey ich aufhörete und zwar schon fest entschlossen war ihn zu verwerfen      
  doch aber erst den gantzen Plan mit guten Freunden überlegen wolte.      
  Meine Flüchtigkeit konte mir nichts schaden denn es solte ja der wie      
  er selbst aussagt ein schriftlicher contract seyn der nicht eher gültig seyn      
  kan als bis er unterschrieben ist.      
           
           
  Ich habe nicht zuletzt nachdem ich den contract gelesen sondern      
  nur bey Lesung der Stelle von Zins geredet weil ich nicht wußte wie      
  das würde bestimmt werden daher ich als die Stelle vom Garten bestimt      
  wurde mit Unwillen aufhörte.      
           
  Einen mündlichen würde ich auch niemals eingegangen seyn und      
  auch der einfältigste Mensch wird bey mündlicher Hausmiethe doch      
  wenigstens so weit alle Formalien beobachten daß er zuletzt sagt wir      
  sind einig und die Puncte hernennt welches alles nicht geschehen      
           
  Aus der Miethssumme von 25 rthlr. (siehe mein billet) will er schließen      
  es sey ein mündlicher Vertrag darum weil die Gesetze sagen daß ein      
  solcher contract mundlich seyn dürfe aber darum doch nicht gebieten      
  daß er mündlich seyn müsse. Daher denn dieser ein Entwurf zum schriftlichen      
  Contract ist wie der Schluß zeigt mithin alles an ihm nach den      
  Gesetzen von Contracten die schriftlich abgefaßt werden beurtheilt werden      
  muß      
           
  Auch ein mündlicher Contract muß seine Vollständigkeit der Abrede      
  enthalten sonst verbindet er nicht.      
           
  Daß er als aggressor dolosus in alle gerichtliche und außergerichtliche      
  Kosten von welchen letztern die specification folgt imgleichen in      
  eine Gestehung wegen der Beleidigung die ich [mir] durch sein      
  billet zugefügt worden condemnirt werde welche letztere mir um desto      
  schmerzhafter ist da sie mir von einem ehemaligen Auditor von dem ich      
  Achtung und Dankbarkeit erwarten solte wiederfahren ist      
           
  Warum habe ich nach der lesung des contracts ihm nicht sogleich      
  aufgesagt? Darum weil ich und zwar mit Recht aufgebracht war da ieder      
  eine solche Zumuthung als einem Kinde [?] für Beleidigung aufnehmen      
  mußte und sich die darauf gehörige Antwort sich besser schriftlich als      
  mündlich thun ließ (ich war heiser und dazu nicht im Stande) wovon      
  ich doch hernach abging      
           
  Da wir auch annahmen es hatte ein mündlicher Vertrag werden      
  sollen, und er hatte seine Meinung mir nur vorgelesen      
           
  Daß ich über den von ihm angenommenen Miethpreis stutzte und      
  doch ihm zugleich einwilligte hat seine völlige Richtigkeit. Dieses geschah      
  aber nur da ich noch auf der ersten Seite las, und noch nicht      
           
  wuste wie er die conditionen dieser vorgeschlagenen Miethe näher bestimmen      
  würde. Zur Aufklärung dieses Puncts gehort daß ich durch      
  ein vorhergehendes Billett in welchem ich ihm die letzte vorgeschlagene      
  Bedingungen (ich glaube es sey die von Erweiterung der Gelegenheit)      
  abschlug da ich sagte ich wolle mit 30 ja 25 Thaler zufrieden seyn      
  wenn jemand mit meinen Bedingungen die ich auf die untere Gelegenheit      
  eine Dachkammer und einen Aufenthalt eines Gastes im Sommer      
  auf 3 oder 4 Tage im Sommer in einer noch anzulegenden Erkerstube      
  zufrieden seyn wolte. Aber da ich die Seite umschlug und die Bestimung      
  seiner vorgeschlagenen Miethe von der Art wie er sich des      
  Gartens zu bedienen dachte einsah verwarf ich diese mit Unwillen welchen      
  ich ihm auch in folgenden Worten erklärete - - worauf da er      
  erwiederte ich könte ihn doch nach Belieben brauchen ich aber nichts      
  weiter hinzu that als daß ich den contract zurückbehalten und meine Entschließung      
  ihm schriftlich bekant machen wolte Also war auch selbst      
  nach dem nothwendigen Erforderniss eines mündlichen contracts derselbe      
  noch himmelweit von seiner Schließung entfernt vielmehr war ich      
  damals fest entschlossen alle Verhandlungen darüber gäntzlich aufzuheben      
  welches ich auch sogleich that ihm aber nachdem ein Tag dazwischen      
  nämlich der Mittwoch verflossen war schriftlich und in den bescheidensten      
  Ausdrücken eröfnete.      
           
  Species facti. Sein Vorgeben als ob ich zuletzt gesagt hatte wir      
  sind einig.      
  Vidimirung der Copie des contracts.      
           
           
           
     

[ abgedruckt in : AA XII, Seite 375 ] [ Öffentl. Erkl. 7 ] [ Handsch. Erkl. 2 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ]