Kant: AA XXIII, VII. Lose Blätter zum ... , Seite 365

   
         
 

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  01 verschaffen kan (kein Richter). Der Wahn des Geschlechts besteht darin    
  02 daß man sie zwar nur selbst sich nehmen aber nur durch den Anderen    
  03 (wenn er sie ehelicht) wieder erwerben kan - Wieder keinen von beyden    
  04 scheint das Strafurtheil gerecht zu seyn weil ein jeder mit dem Gegenpart    
  05 sich freywillig auf seine Gefahr geeinigt hat mithin keinem Bürger    
  06 Gewalt sondern nach seinem Willen geschehen. Die Duellanten schlagen    
  07 sich durch einen Vertrag wie zwey Hazardspieler um ihr ganz vermögen.    
  08 Das was die meretrix beschimpft sollte auch nach bürgerlichen Gesetzen    
  09 nicht da seyn und es geschieht zwar jemand gewalt aber nicht einem Staatsbürger.    
         
  11 Wieder Duelle sollte aus den Verwandten des Getödteten oder Verstümmelten    
  12 ein Bluträcher aufsteigen können etc.    
         
  13 In beyden Fällen sind die Todesstrafen unwirksam ja nicht einmal    
  14 passend im ersten Falle darum weil die Ehrliebe den Tod verachten    
  15 lehrt und es auch grausam zu seyn scheint bey der ehrlichen Art wie    
  16 die 2 Duellanten zu werke gehen mit dem Tode zu bestrafen im zweyten    
  17 Falle man dafür bestraft wird daß man die Ehre dem Leben vorzog    
  18 weil es eine Art der bürgerlichen selbsterhaltung (in der Noth die    
  19 Ehre d. i. bürgerliche Existenz zu verlieren) ist. Beyde besorgen ein    
  20 Schandfleck ihres Standes zu werden weil beyder ihr Werth darauf    
  21 beruht welche Meynung sie von der Zuversicht auf das Wort das    
  22 sie geben möchten (jeder seinem Stande gemäß) öffentlich einflößen    
  23 denn man muß beyder ihrer Ehre alles zutrauen ja man muß    
  24 von den letzteren gar die Befugnis des Zwanges wegnehmen der doch    
  25 sonst demjenigen was man von jemandem aus Pflicht fordert sammt    
  26 der Bestrafung angedroht wird e. g. beym Kriegsstande. Jede Spuhr    
  27 von Mistrauen das doch noch nicht Verdacht ist würde dort Beleidigung    
  28 seyn.    
         
  29 1. Der Obrigkeitliche Gerichtshoff. 2. der des Gewissens 3. der    
  30 der Ehre der letzte wirkt am stärksten.    
         
  31 Die Ehrliebe welche der Duellgeist voraussetzt ist nicht etwa die    
  32 der Dankbarkeit (Erinnerung alter Freundschaft) wegen genossener    
  33 Wohlthat oder Bezahlung einer Schuld oder Grosmuth nicht alle    
  34 seyne Rechte geltend zu machen sondern blos sein Leben allenfalls    
  35 nicht zu schonen um andere vor sich fürchten zu machen. Die Ehrliebe    
  36 welche baar bezahlt wird. Die der Galanterie oder Sittsamkeit aber    
         
     

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