Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zur Religion innerhalb der ... , Seite 094

   
         
 

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  01 Deutlichkeit wegen nichts verändert worden. - Die neuen Zusätze sind    
  02 in die Anmerkungen mit einem Creuz + bezeichnet gebracht.    
         
  03 Was ich in der Vorrede zur ersten Auflage behauptet hatte daß    
  04 Schriftstellen zur Erläuterung der philosophischen Theologie anführen    
  05 nicht so viel sey als in die biblische Theologie eingreifen sondern jene    
  06 dabey immer noch ihr abgesondertes Geschäfte nach einheimischen Principien    
  07 treibe finde ich seitdem ich Michaelis Moral gelesen S. 5 - 11    
  08 von diesem in beyden Fächern wohl erfahrenen Mann bestätigt. Daß    
  09 diese „blos ein Versuch sey die Sittenlehre der Bibel durch die Forschung    
  10 der Vernunft zu befestigen” und so fern nicht reine philosophische (eigentlich    
  11 nicht in bloßer Absicht auf diese abgefaßte) Moral sey wie der vortrefliche    
  12 Herausgeber Hr: Prof: Stäudlin in Göttingen anmerkt, kann wohl    
  13 seine gute Richtigkeit haben wenn er aber diese auch von der Bibel abstrahirt    
  14 hat so mußte er doch um zur bloßen Vernunft gehörige aber in der    
  15 Bibel zuerst deutlich vorgetragene Lehren daraus abstrahiren zu können    
  16 diese Vernunftlehren als für sich selbst bestehend erkennen und so kann    
  17 ein Anderer diese Methode umkehren und die Bibel in philosophischer    
  18 Absicht brauchen wodurch diese garnicht angegriffen sondern ihr nur ein    
  19 größerer Umfang ihres Gebrauchs angewiesen wird.    
         
         
  20 In dem Titel der der gegenwärtigen Schrift vorgesetzt worden    
  21 ist darauf schon Rücksicht genommen worden. Hätte er so gelautet:    
  22 Religion der bloßen Vernunft so könnte die Beziehung auf so viel Schriftstellen    
  23 zum Verdacht berechtigen man wolle diesen den Sinn aufdringen    
  24 oder die Bibel gar verdrängen nichts als ein philosophisches Gebäude    
  25 vorzustellen. Die Aufschrift aber Religion innerhalb der Grenzen der    
  26 bloßen Vernunft giebt so gleich zu erkennen daß es nicht um die Qvelle    
  27 daraus irgend eine positive (statutarische) Religion entsprungen seyn    
  28 mag zu thun sey und die letztere synthetisch auf lauter Vernunftbegriffe    
  29 zu bringen sondern allenfalls nach analytischer Methode nur das aus    
  30 ihr abstrahiren was die bloße Vernunft aus sich selbst erkennen kann. -    
  31 Es liegt aber in der Natur der Vernunft daß sie nicht fragmentarisch    
  32 aufgesammelte Begriffe und Grundsätze in einem Aggregat zusammensetzt    
  33 sondern nothwendig auf Einheit und Selbständigkeit ihrer Erkentnis    
  34 als Systems ausgeht. Daher darf es dem biblischen Theologen gar kein    
  35 Anstoß seyn wenn jene behauptet sie sey für sich selbst die ganze Religion    
         
     

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