Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 656

     
           
 

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  01 belehrten, als von ihnen ihre Redekunst lerneten. — Auch konnte      
  02 eine solche Naturkunde mit der Mathematik vereinigt große Forts chritte      
  03 thun mit Bewustseyn der nothwendigkeit ihrer Sätze, ohne über die Möglichkeit      
  04 dieser ihrer Fortschritte zu vernünfteln, weil ihre gewisheit sich ihnen      
  05 selbst unmittelbar vor Augen legte. — Was hat also wohl etwa ein en Aristoteles      
  06 vermocht, begriffe, die im gemeinen Leben und in der Erfahrung von von      
  07 bestandigem Gebrauch sind, und eben dergleichen Grundsätze von den Erfahrungsurtheilen      
  08 abzusondern und wo moglich alles unser Erkentnis,      
  09 welches dessen wir a priori machtig sind, gleichsam auszumessen, wenn er      
  10 nicht etwas anderes als Naturwissenschaft, nämlich etwas, was üb er sie      
  11 hinaus reicht, beabsichtigt hätte. Diese über die Natur hinausreichende      
  12 auf bloßen Begriffen a priori beruhende und darum Metaphys ik genannte      
  13 Wissenschaft ist gleichsam das Indien, was dem Menschen weit größere      
  14 und herrlichere Besitze verspricht, als das kümmerliche Sinnenva terland      
  15 in welchem er hier von der Natur despotisiert zuletzt nach langer vergeblicher      
  16 Bearbeitung zu bestendiger Täuschung mit durch vorgespiegelte Erreichung      
  17 eines Endzweks nichts als den Tod vor sich sieht.      
           
  18 Aus dem Innern der menschlichen Vernunft entwickelt sich nun ein      
  19 Bedürfnis von einem Endzwek, den kene Natur gewährt, ja nicht einmal      
  20 verspricht, weil er außer dem Felde der Sinnlichkeit liegt, und auf dieses      
  21 Land sieht er hinaus.      
           
  22 S. II:      
  23 Der Zusatz (zu dem, alles ist es ist keine Freyheit, und Alles ist      
  24 Naturnothwendigkeit) macht, daß in dem Gegensatz wirklich wenig er Gesagt      
  25 wird, als zur contradictorischen opposition erfordert wird. Denn      
  26 Naturnothwendigkeit bedeutet eine die Caussalität eines Dinges als      
  27 Sinnenwesens. Diese kann nun immer Statt finden, weil Freyheit die      
  28 caussalität eines Verstandeswesens ist.      
           
     

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