Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 631 |
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| 01 | aber ein Daseyn ohne als Große Vorgestellt. Nun könn en wir dieses | |||||||||
| 02 | nicht ohne Zeit denken. Das Daseyn Gottes aber kann kein Daseyn in | |||||||||
| 03 | der Zeit seyn. Also haben wir bey dem Worte seiner Ewigkeit nic ht den | |||||||||
| 04 | mindesten zum Erkentnis tauglichen Begrif. | |||||||||
| 05 | 2. Gott ist allgegenwärtig. Die Dinge aber sind ausser ihm und auch | |||||||||
| 06 | ausserhalb einander. (Nun können wir eine solche Gegenwart nur im | |||||||||
| 07 | Raum beym Daseyn eines Dinges im Raum denken). Nun sind aber die | |||||||||
| 08 | Dinge nicht in ihm, denn das wäre der Spinozism oder Pant heism. Er | |||||||||
| 09 | ist aber auch nicht in ihnen. Denn alsdann wäre er als entweder als | |||||||||
| 10 | Ausgedehntes wesen einem Theile nach im einen und einem andern Theile | |||||||||
| 11 | nach im Andern oder als einfaches wesen ganz in jedem, und da diese | |||||||||
| 12 | Dinge ausserhalb einander sind, so wäre er ausser sich selbst. | |||||||||
| 13 | 3. Gott ist Intelligenz: aber 81nicht so zu denken eine sol sein Verstand | |||||||||
| 14 | ist nicht ein Denken, von einem anderen Verstande aber haben wir keinen | |||||||||
| 15 | Begrif. | |||||||||
| 16 | 4. Gott ist Ursache der Dinge durch einen seinem Verstande ge mäßen | |||||||||
| 17 | willen, aber sein Wille ist nicht von der Art, daß er an seinem Object ein | |||||||||
| 18 | Interesse nehme. Wir können uns aber keinen Willen denken, dessen Zufriedenheit | |||||||||
| 19 | micht zum Theil vom Daseyn des Objects abhinge. | |||||||||
| 20 | 5. Gott ist seelig. Aber wenn wir (g gleich ) von unserm Begriff der | |||||||||
| 21 | Glükseeligkeit alles, was Schranken (der Abhangigkeit der Zufriedenheit | |||||||||
| 22 | von zufalligen Ursachen) bey sich führt, weglassen, so können wir uns keine | |||||||||
| 23 | vernünftige Lust denken als in der Zusammenstimung uns aller Objecte | |||||||||
| 24 | (g des Willens ) in uns und ausser uns zu unseren Zweken. In Gott aber | |||||||||
| 25 | können wir das, was wir Zwek nennen, gar nicht setzen, weil wir sonst | |||||||||
| 26 | die Seeligkeit als Selbstgnugsamkeit aufheben würden. | |||||||||
| 27 | 6. Gott ist gnädig, barmherzig, langmüthig: sind ebenso Anthropomorphismen, | |||||||||
| 28 | und wollen wir die letzeren davon wegnehmen, so bleibt nichts | |||||||||
| 29 | übrig, was diesen Worten Bedeutung gäbe, um darnach ein Object zu | |||||||||
| 30 | erkennen. | |||||||||
| 31 | Alles kommt also darauf an, daß wir uns Gott bols nach seinem | |||||||||
| 32 | Verhaltnis in Ansehung der zu der einer Welt unter Natur und Sittengesetzen | |||||||||
| 33 | und zwar als das oberste Glied in der Reihe des Bedingten, selbst | |||||||||
| 34 | aber doch als unbedingt denken, wo alsdann durch welches letztere aber | |||||||||
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