Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 523

   
         
 

Zeile:

 

Text:

 

Verknüpfungen:

 

 

 
  01 eigentliche Ansicht. Im Spiel verbürgt sich die Herrschsucht und Gewinnsucht,    
  02 und die Unterhaltung beyder Neigungen ist doch das Nahrungsmittel    
  03 der Gesellschaft. Dennoch ist das Moralische der Wechselliebe    
  04 die An das Saltz derselben. Ein Mensch von starken Triebfedern, der    
  05 sich vermögend anderen überlegen fühlt, Misbraucht sich dieser Ueberlegenheit.    
  06 Der Mensch muß entnervt werden, um zahm und hernach    
  07 tugendhaft zu seyn. Der Erziehungs und Regirungszwang machen ihn    
  08 weich, biegsam und unterwürfig den Gesetzen. Nachher regt sich die    
  09 Vernunft.    
         
   

 

1185.   ρ—υ? (π?)   M 309.
 
   
  11 Wir schreiben alles, was wir thun, gemeiniglich den edleren quellen    
  12 zu: was dem Glük zukomt, unserm Verstande; was aus appetit oder    
  13 Eigennutz, wenn es sich zu anderer Nutzen dreht, unserm wohlwollen;    
  14 unsere erzwungene rechtschaffenheit unserer rechtsliebe; in summa: unsere    
  15 Handlungen gern moralischen principien bey. alles überhaupt ziehen wir    
  16 auf die Werthschatzung unserer Persohn. Man ist mit seinem Herzen    
  17 zufrieden, wie mit seinem Verstande. Wir halten uns vor unschuldig,    
  18 wenn unsre Ausschweifung nur keine schlimme Folgen gehabt hat, und    
  19 ob wir uns zwar auch das Unglük selbst vorwerfen, so rechtfertigen wir    
  20 doch dabey unseren character. Die Natur will dieses selbst, damit wir    
  21 nur nach dem Ausgange unser Urtheil über unser Verhalten einrichten.    
  22 Wir suchen uns andere Verhaßt vorzustellen, denen wir übels gethan    
  23 haben, damit wir uns rechtfertigen. Und in der Unzufriedenheit mit uns    
  24 selbst beschuldigen wir wohl gar die ganze Menschliche Natur.    
         
   

 

1186.   ρ—υ? (π?)   M 309.
 
   
  26 Ob es wohl vor eine Lobes Erhebung würde angesehen werden, wenn    
  27 man von iemandem sein boshaftes, Neidisches Gemüth beschriebe und    
     

[ Seite 522 ] [ Seite 524 ] [ Inhaltsverzeichnis ]