Kant: AA XV, Reflexionen zur Anthropologie. , Seite 174

   
         
 

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  01 speculation ein andere Principien des Rechts ersinnen als die des    
  02 gemeinen Verstandes; denn Gesetze sollen das Recht, was Menschen natürlicher    
  03 Weise fodern, nur verwalten. Es ist auch merkwürdig, daß keine    
  04 Wissenschaft, die sich auf Vernunft gründet, so der Vielheit der Falle nothig    
  05 hat, an welchen die Regeln in concreto geprüft werden könten als Rechtswissenschaft.    
  06 Man soll kein Rechte erfinden, abe sondern nur dasienige,    
  07 was sich ieder denkt, deutlich und bestimt ausdrücken. Dazu gehort freylich    
  08 Gelehrsamkeit.    
         
  09 3. Arzneykunde. Die Natur im Ganzen erhalt sich, und die Gattung    
  10 wachst blühend fort. Also muß doch in dem Menschlichen Korper eine    
  11 selbsthülfe stecken, zu der Arzney nichts hinzusetzen kan, und also ein Betragen,    
  12 bey dem alle Menschen gesund seyn könten.    
         
  13 In allen dreyen Arbeitet die Wissenschaft unaufhorlich unabläßig    
  14 daran, um sich entbehrlich zu machen. Nur die Philosophie muß bleiben    
  15 und wachen, daß der gemeine Menschenverstand ein Gesunder Verstand    
  16 bleibe, und sie allein kan niemals entbehrlich werden.    
         
  17 (g Mathematik, Philosophie und Geschichte müssen immer bleiben. )    
         
  18 Die Principien müssen in allen dreyen Wissenschaften nicht dogmatisch,    
  19 sondern critisch genommen werden, um nur den Gemeinen Verstand    
  20 zu sichern, nicht um ihn unbekante Regeln zu lehren, Sich nach    
  21 der Natur zu richten.    
         
  22 S. II:    
         
  23 Alle Offenbarung bes wird entweder durch Menschen mitgetheilt,    
  24 und denn beruht sie auf historischem Glauben an Gelehrte, oder sie wird    
  25 iedem Individuum besonders ertheilt, und denn ist kein gemeinschaftlich    
  26 Merkmal, sondern ieder ist inspirirt.    
         
   
   
  27 Das vornehmste, was wir zu verhüten haben, ist, daß wir unser    
  28 Gewissen nicht verletzen, welches vornemlich dasienige betrift, was wir in    
  29 unseren Glauben und Bekenntnis aufnehmen. Das Gewissen kan uns    
  30 nichts in Ansehung der Erkentnisse lehren, aber doch das unterscheiden,    
  31 was denselben zuwieder ist. Hie Man mag die Warheit der Sätze dahin    
  32 gestellt seyn lassen; wie viel man aber davon auf seine Seele und    
     

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