Kant: AA XII, Briefwechsel 1800 , Seite 309

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Nun bin ich, als ein in öffentlichem ansehen stehender, Respectabeler      
  02 Mann viel zu schamhaft - denken Ew. Wohlgebohrn sich, wenn Gott      
  03 sie in meine stelle versetzt hätte - Mich an hiesig Reiche Häuser um      
  04 eine Christliche Unterstützung zu wenden; diewelche ich ohnehin, bey      
  05 den hiesig häuffigen armen bey steten, absonderlich die Vermögende      
  06 am mehristen, drückende Contributionen nicht erhalten würde, wo man      
  07 das Ende hiesigen Krieges nicht weiß, noch vielweniger die Kunftige      
  08 Drancksahlen berechnen kann, auch die vermögende Klasse besorgt, der      
  09 armen annoch gleich werden zu können.      
           
  10 Derowegen Bitte Ew. Wohlgebohrn, als einen grossen Menschen.      
  11 freundt, Uns schamhaft dahier in Köln am Rhein heimlich die allergröste      
  12 Nothleydenden Nur ein Eintzigesmahl eine Gott gefällige      
  13 Hülfe - aus Menschengefühl - auch durch grossmütig zu Erwirkende      
  14 dortige Beyträge - hiehin gütigst zugehen zu lassen.      
           
  15 So bald wie nach erfolgten Frieden Ich, und wenn ich es nicht      
  16 Erleben sollte, mit der Zeit meine beede anjetzo schon in den höhern      
  17 wissenschaften studierende Söhne - diewelche über die Kantische Handbücher      
  18 ( in Jure et Philosophia ) dahier Collegia hören - diese dermahlen      
  19 hülflose Knaben von grossen Talenten in bessere Umstände      
  20 kommen, so werden wir als wohldenkende Leuthe das uns so gütigst      
  21 aus dem besten Herzen Zugeschickte mit dem wärmsten Dank, auch      
  22 grossmutiger Erkenntlichkeit obrück zu schicken unvergessen. Da wir      
  23 annoch eine alte auswerths im grösten Geiz lebende anverwantinne      
  24 zu Erben haben, wovon Zeitlebens nichts zu Erhalten ist.      
           
  25 Wenn Ew. Wohlgebohrn vielleicht mir, aus Menschengefühl eine      
  26 Gottgefällige Hülfe per anweisung an ein hiesiges KauffManns Haus      
  27 gütigst zuschicken sollten, so bitte gefälligst an mich vorhero einen      
  28 Avisobriefe abgehen zu lassen, aber dem hiesigen Kauffmann nichts      
  29 davon zu melden, warum mir dieses geld auszuzahlen Assigniret      
  30 worden seye.      
           
  31 Gnug daß dem Allwissenden Gott Meine Wohlthäter in Königsberg      
  32 bekannt wären, und der die werker der Bahrmherzigkeit besonders      
  33 belohnende gerechtiste Himmell würde sicher auf Ew. Wohlgebohrn      
  34 Und die Häuser dasieg beytragender wohlthäter häuffigen seegen      
  35 herabregnen lassen.      
           
  36 Sollte ich aber so Unglücklich sein, von Ew. Wohlgebohrn nicht      
  37 ein Eintziges mahl eine Unterstützung aus Menschengefühl zu Erhalten,      
           
           
     

[ Seite 308 ] [ Seite 310 ] [ Inhaltsverzeichnis ]