Kant: AA XII, Briefwechsel 1797 , Seite 211 |
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| 01 | Neigung. Ich habe seit einiger Zeit in den beiden letzten Wissenschaften | ||||||
| 02 | mit glücklichem Erfolg gearbeitet und ich glaube es bald darin | ||||||
| 03 | zu einer gewissen Vollkommenheit zu bringen. Nehme ich übrigens | ||||||
| 04 | auf das Personale der Koenigsbergschen Universität Rücksicht, so glaube | ||||||
| 05 | ich auch aus dem Grunde nicht schlecht gewählt zu haben. An einem | ||||||
| 06 | lichtvollen und angenehmen Vortrage fehlt es fast allen dasigen Lehrern | ||||||
| 07 | der Mathematick und Physick. Logick, Metaphysick und andere philosophische | ||||||
| 08 | Wissenschaften auf eine faßliche Art zu hören, ist jetzt auch | ||||||
| 09 | kaum Gelegenheit, da der Vortrag des P. Poerschke mir dunkler vorkommt, | ||||||
| 10 | als irgend einer, den ich je gehört habe. Vielleicht könnte ich | ||||||
| 11 | hier wenigstens der Vorbereiter zu schwerern Vorträgen werden, da | ||||||
| 12 | ich mich eines deutlichen Vortrages bewußt bin. Vielleicht könnte ich | ||||||
| 13 | auch künftig jungen Leuten, welche die critische Philosophie kennen | ||||||
| 14 | lernen wollen, den Weg dazu zeigen, da sie bei P. Poerschke dazu | ||||||
| 15 | keine Gelegenheit haben werden, weil dieser denkende Mann seinen | ||||||
| 16 | eignen, von der critischen Philosophie oft abweichenden Weg geht. So | ||||||
| 17 | viel scheint mir wenigstens gewiß, daß in den genannten Fächern ein | ||||||
| 18 | Mann, der seine Sache versteht, noch mit Nutzen arbeiten kann. Ob | ||||||
| 19 | ich übrigens dazu geschickt wäre, das kann wohl Niemand besser als | ||||||
| 20 | Sie, theuerster Herr Professor beurtheilen und Ihr unpartheyisches | ||||||
| 21 | Urtheil, welches Sie wohl meinem Bruder mittheilen werden, soll für | ||||||
| 22 | mich entscheidend seyn. Findet mein Plan aber Ihren Beifall, so bin | ||||||
| 23 | ich auch von Ihrer Güte überzeugt, daß Sie ihn gewiß aufs wirksamste | ||||||
| 24 | befördern werden. Ihre Empfehlung kann für mich nicht anders | ||||||
| 25 | als mit den erwünschtesten Folgen begleitet seyn. Sie werden | ||||||
| 26 | es auch am besten beurtheilen, ob bei der jetzigen schnellen Concurrenz | ||||||
| 27 | von Mitbewerbern, eine vorläufige Empfehlung für meinen Zweck dienlich | ||||||
| 28 | wäre, welches ich fast glaube, oder ob man erst eine Vacanz abwarten | ||||||
| 29 | müßte. Nun theuerster Herr Professor ich überlasse mich ganz | ||||||
| 30 | Ihrer Vorsorge, deren ich mich künftig durch Eifer und gewissenhafte | ||||||
| 31 | Erfüllung meiner Pflichten immer würdiger zu machen hoffe und bin | ||||||
| 32 | mit der vollkommensten Hochachtung | ||||||
| 33 | Ihr | ||||||
| 34 | ergebenster Diener | ||||||
| 35 | Marienburg den 19 Octobr | Jachmann. | |||||
| 36 | 1797. | ||||||
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