Kant: AA XII, Briefwechsel 1795 , Seite 022 |
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| 01 | müssen wenigstens vorerst die Hauptgedanken richtig und zusammenhängend | ||||||
| 02 | seyn. Auf die nähere Bestimmung einzeler Begriffe komme | ||||||
| 03 | ich vielleicht noch bey meiner Ausarbeitung und bey meinem Unterricht. | ||||||
| 04 | Wie sehr erwünscht wäre es mir jetzt, wenn Herr Professor schon Ihre | ||||||
| 05 | Moral herausgegeben hätten. Dann würde mir manches hell seyn, | ||||||
| 06 | was mir jetzt noch dunkel ist. ZE. das wahre Criterium des Unterschiedes | ||||||
| 07 | eines gebietenden von einem verbietenden Gesetze; der Bestimmungsgrund | ||||||
| 08 | einer vollkommnen und unvollkommnen Pflicht, ob es | ||||||
| 09 | nicht besser wäre, die einzelnen Pflichten nach ihrer Würdigung als | ||||||
| 10 | vollkommne und unvollkommne als ratione Objecti abzuhandeln. - Ia | ||||||
| 11 | meine jetzigen Beschäftigungen flößen mir immer mehr und mehr die | ||||||
| 12 | Begierde ein, bald wieder in Königsberg zu leben, um durch Ihre | ||||||
| 13 | Belehrungen an Erkentniß zu wachsen und in einem größeren Wirkungskreise | ||||||
| 14 | nützlich zu seyn. | ||||||
| 15 | Mit diesem Briefe vereinige ich endlich noch die Absicht dem | ||||||
| 16 | Ueberbringer desselben HE. Studiosus Fromm, eine, von ihm so sehr | ||||||
| 17 | gewünschte Gelegenheit zu geben, Sie theuerster Herr Professor persönlich | ||||||
| 18 | kennen zu lernen. Dieser junge Mann, der sich durch gute | ||||||
| 19 | Sitten, durch Fähigkeiten und Fleiß sehr auszeichnet ist der Sohn unseres | ||||||
| 20 | hiesigen Justitz Bürgermeisters,. Sein Vater ist ein Mann von sehr | ||||||
| 21 | rechtschafner Denkungsart, der mir seit meinem Hierseyn, viele Beweise | ||||||
| 22 | seiner Freundschaft gegeben hat. Er hat seinen Sohn 2 Iahre in | ||||||
| 23 | Frankfurt studieren lassen, wo sein Bruder Professor ist. Ietzt aber | ||||||
| 24 | will er ihn von seinen wenigen Einkünften noch einige Iahre in | ||||||
| 25 | Koenigsberg zu unterhalten suchen, um ihm vorzüglich den Unterricht | ||||||
| 26 | des Herrn Professor benuzen zu lassen. | ||||||
| 27 | Ietzt theuerster Herr Professor empfehle ich mich Ihrer fortdauernden | ||||||
| 28 | Gewogenheit und verbleibe mit der vollkommensten Hochachtung | ||||||
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| 30 | Ihr | ||||||
| 31 | ganz ergebenster Diener | ||||||
| 32 | R. B. Jachmann. | ||||||
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