Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 520

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 hören. Ich habe Sie vielmehr um Etwas zu bitten, das, von Ihnen      
  02 gewähret, Sie zu meinem und zu vieler andren grossen Wohlthäter, vielleicht      
  03 auf nicht zu berechnende Zeiten, machen würde, indem es zugleich      
  04 ein Verdienst um Ihre Leser seyn würde.      
           
  05 Ich hatte seit 1766. darauf gearbeitet, den in dem bitter Katholischen      
  06 Grottckau wohnenden Evangelischen, die zum Theil unsre      
  07 Landesleute waren, eine Schul= und Kirchen Anstalt zu vermitteln.      
  08 Das gelang mir auch so weit, daß sie sie 1775. errichtet sahen, und zwar      
  09 durch die Milde von Tausend überall wohnenden Menschenfreunden.      
  10 Die Armuth der mehresten Evangelischen Grottkaus machte es nothwendig,      
  11 auf Fonds zu dencken, aus denen ihre, der Schule bedürfenden      
  12 Kinder, mit freier Unterweisung nicht nur, sondern auch mit Lehrmitteln      
  13 und mit Gaben versorgt werden könnten. Hiezu liessen sich keine      
  14 andre Wege einschlagen, als der: bei der Anstalt einen Buchladen, und      
  15 in der Folge eine SchulBuchhandlung anzulegen, und Verlagsschriften      
  16 zu erhalten, die jener mittelbar, diese aber unmittelbar vertriebe.      
  17 Einige wackre Schriftsteller, als Diterich, Reichardt etc., schenckten dergleichen      
  18 großmütig, um eines so menschenfreundlichen Zweckes willen.      
  19 Andre verkauften dergleichen an die SchulAnstalt und ihre Buchhandlung.      
  20 Aber gerade von diesen lezteren hatte sie statt des Gewinnes Verlust,      
  21 und grossen Verlust. Den größten und empfindlichsten wol von Peukers      
  22 Darstellung des Kantischen Systems, und zwar durch ein Verfahren      
  23 dieses Mannes, dessen er sich gegen mich und die Anstalt, deren Freund      
  24 zu seyn er so sehr verpflichtet war, wol nicht hätte bedienen sollen,      
  25 ohne sich um mehr, als um den Nahmen eines wahren Philosophen,      
  26 zu bringen. Er wollte nun einmal Lehrer in Halle und Lehrer Ihrer      
  27 Philosophie werden, und seine Darstellung sollte das Buch seyn, wornach      
  28 er sie lehren wollte. Herr Prof: Garve urtheilte darüber schriftlich      
  29 auf eine für ihn nicht unvorteilhafte Weise, und dieses Urteil sollte mich      
  30 bewegen, die Darstellung von der SchulBuchhandlung verlegen zu      
  31 lassen. Das lehnte ich ab, und schlug dagegen dem HErn Peuker vor,      
  32 den Druck und den Vertrieb derselben auf seine Kosten durch die Schul      
  33 Buchhandlung besorgen und den daraus kommenden Gewinn sich nach      
  34 Abzug der Provision abreichen zu lassen. Er nahm den Vorschlag an,      
  35 und so ward die Darstellung gedruckt. Da sie aber beinahe abgedruckt      
  36 war, wollte sie HE P. von der SchulBuchhandlung als Verlagsschrift,      
  37 auf ihre Kosten gedruckt, angenommen haben, und spiegelte ihr viel Gewinn      
           
     

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