Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 486

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wollte, denn in Betracht, daß ich endlich wäre, war mir nie kein Vergnügen,      
  02 welches es auch geben mag, dafür Ersatz, ohne Zweck zu leben;      
  03 nun aber ist mein Wunsch geblieben, und meine Anschauung hat sich      
  04 geändert; ich denke, daß jedem reinen Menschen der Tod, in einer      
  05 egoistischen Beziehung auf sich selbst, das Angenehmste ist, nur in      
  06 Rücksicht der Moralität und Freunde kann er, mit der größten Lust      
  07 zu sterben, das Leben wünschen, und es in allen Fällen zu erhalten      
  08 suchen. Ich wollte Ihnen noch gern vieles sagen, wenn ich mir nicht      
  09 ein Gewissen daraus machete, Ihre Zeit zu rauben; mein Plan ist      
  10 noch immer, Sie einst in Begleitung meines Freundes (von dem ich      
  11 jetzt leider vielleicht mehr als ein Iahr abwesend sein werde, und schon      
  12 lange bin) zu besuchen , indessen kann ich Ihr Andenken nie anders      
  13 als mit dem wärmsten Gefühl des Danks, der Liebe und Achtung      
  14 weihen, der Himmel beschütze Sie vor allem Ungemach, auf daß Sie      
  15 lang leben auf Erden! Ihre mit ganzem und vollem Herzen      
           
  16 ergebene Maria Herbert.      
           
           
    615.      
  18 Von Carl Gottlieb Fischer.      
           
  19 29. Ian. 1794.      
           
  20 Das Geschenk der Religion innerhalb der Grenzen der bloßen      
  21 Vernunft von der Hand ihres Verfassers, den ich längst, auch in der      
  22 Religion, als meinen Lehrer betrachte, und dem ich nicht blos für die      
  23 Theorie sehr viel nutzbare Winke, sondern auch die Reinigung und      
  24 Befestigung religiöser Gesinnungen verdanke, (eine Wahrheit, die ich      
  25 als Iüngling und Mann vielen gestanden habe,) ist mir ein desto      
  26 schätzbareres Geschenk, weil sie an diese Zurückerinnerungen noch eine      
  27 andre knüpft: daß ich so glücklich war, einigen Antheil auch an dem      
  28 Wohlwollen meines so verehrten Lehrers zu haben. Nehmen Ewr.      
  29 Wohlgebohrnen dafür hier meinen gerührtesten Dank und die Versicherung      
  30 an, daß meine Erkenntlichkeit für dieses alles keinem andern:      
  31 Gefühl, als nur der Hochachtung weicht, die ich für Ewr. Wohlgebohrnen      
  32 hege, und daß beyde nur mit meinem Leben aufhören können.      
           
  33 Was die Nachricht betrift, die Ewr. Wohlgebohrnen von dem      
  34 neuen Mittel gegen die Wasserscheu durch den Hundsbiß zu haben      
  35 wünschen, so bedaure ich sehr, daß ich sie, Ewr. Wohlgebohrnen mitzutheilen,      
           
     

[ Seite 485 ] [ Seite 487 ] [ Inhaltsverzeichnis ]