Kant: AA XI, Briefwechsel 1793 , Seite 473

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 von Thorn ist auch von hier aus besorgt worden, und außer diesen      
  02 Geschäften fallen täglich currente Sachen vor, die oft sehr wichtig sind,      
  03 indem die alte Danziger Verfaßungen mit der unsrigen in einzelnen      
  04 Fällen nicht ohne Schwierigkeiten zu vereinbaren sind. Wenn man      
  05 den alten Magistrat und die ganze alte Einrichtung so lange unverlezt      
  06 gelaßen hätte, bis die Stadt Collegia auf preußischen Fuß wären      
  07 organisiret worden, so würden diese lezten Arbeiten nicht statt finden,      
  08 dle jetzo durch den gleich bei der Occupation eingesezten Interimistischen      
  09 Magistrat nothwendig werden. Es wird also jezt Danzig halb nach      
  10 ihrer vorigen halb nach unserer Verfaßung regirt. Alle diese Umstände      
  11 indes bleiben unter uns.      
           
  12 Iezt ist alles dem Ziel nahe, indem bereits sehr viel von Hofe      
  13 aus genehmiget ist, doch wird der Verbindung halber Alles auf einmahl      
  14 organisiret werden müßen. Wem die Verhältniße der hiesigen Arbeiten      
  15 nicht genau beckannt sind, hat die gerechteste Ursache von der Welt      
  16 über meinen hiesigen verlängerten Aufenthalt sich zu wundern. Verzeihen      
  17 Sie theurester Freund diese Abschweifung, die HErr CriminalRath      
  18 Jensch, wenn Sie sie so viel Werth halten, noch näher ins      
  19 Licht setzen kann. So viel bleibt gewis daß Dantzig den HErrn Ober      
  20 Praesidenten als einen Wohlthäter verehren kann, und daß die Organisation      
  21 für diese Stadt bei weitem nicht so vorteilhaft ausgefallen      
  22 seyn würde, wenn derselbe nicht das Zutrauen des Königes zum      
  23 Besten Danzigs benuzt hätte.      
           
  24 Ehe ich schließe muß ich noch bemercken wie wohlthätig Ihre mir      
  25 unvergeßliche Zuschrift vom 2ten December gewesen, ich verdancke ihrem      
  26 Innhalt die vorzüglichste Nacht, die ich noch in meiner Kranckheit gehabt      
  27 habe. Die Religion innerhalb der Grentzen der bloßen Vernunft,      
  28 habe ich mir in meiner Kranckheit vorlesen laßen, und tausendmahl      
  29 gewünscht, daß man jezt in Franckreich dieses Buch lesen möchte, welches      
  30 hier in Danzig: den Namen Kants Religion, führt. Der unsterbliche      
  31 Nahme: Immanuel Kant darf wahrlich kein Bedencken tragen dieser      
  32 Schrift vorgesezt zu seyn, die sehr viel Gutes stiften kann und wird.      
  33 Iezt hab ich nur noch die Bitte, daß des großen Seegens ohnerachtet      
  34 den Ihre Bücher stiften, Sie nicht vergeßen mögen sich zu schonen.      
  35 Diese Bitte darf ein Sohn seinem Vater thun, wenn gleich er überzeugt      
  36 ist, daß der Anspruch den die Welt auf seinen Vater hat, dem      
  37 seinigen vorgeht.      
           
           
     

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