Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 243

     
           
 

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  01 Ende, Seite 757, der Wille Gottes zur unmittelbaren Ursache des      
  02 Gesetzes der Bewegung und des Widerstandes freyer Körper angegeben.      
  03 Auch Mallebranche begnügt sich mit diesem Princip in      
  04 seinen Recherches de la Verite T. II. L. 6. C. 9. Hingegen Baco      
  05 von Verulam, der Erweiterer der Naturwissenschaft seines Zeitalters      
  06 eifert über die unbefriedigende Abfertigungen dieser Frage, besonders      
  07 von Aristoteles und dessen Schülern und Nachbetern: die Hauptstelle      
  08 hievon steht in seinem Werke Impetus philosophici ; im Abschnitte      
  09 cogitationes de nat. rer . VIII . de motu violento ; S. 722ff. Opp.      
  10 omn. ed. Arnoldi 1694. Seine Erklärung - fit continua & intentissima      
  11 ( licet minime visibilis ) partium trepidatio & commotio      
  12 finde ich übrigens auch nicht befriedigend. In Ihren schätzbaren      
  13 Schriften finde ich von meiner gegenwärtigen Frage keine ausdrückliche      
  14 Erörterung: Ihre Vergleichung des Plato mit einer Taube, die, um      
  15 freyer fliegen zu können, den Luftleeren Raum suchen möchte, (Crit:      
  16 der r. V. S. 9 d. 2 Ausg.) ließ es mich hoffen, sie noch zu entdecken.      
  17 Daß Sie mit Mallebranche und Sturm nicht einstimmen, wußte ich      
  18 gewiß, wenn Sie sich auch in der Crit. d. r. V. S. 801 gegen das      
  19 Princip der ratio ignava nicht erklärt hätten; und vermuthen darf ich      
  20 vielleicht, daß Sie mein allgemeines reales stetiges Medium, wodurch      
  21 ich die Bewegung und den Widerstand freyer Massen zu erklären suche,      
  22 nicht verwerflich finden werden. Sie wollen zwar die Benennung vis      
  23 inertiae abgeschaft wissen, (Anfgr. d. Nat. W. S. 132) aber ich habe      
  24 mich derselben enthalten, weil ich ihrer vollkommen entbehren kann,      
  25 und ihr die Schuld beymesse, warum ich glaube, daß man den Gegenstand      
  26 meiner Frage so stillschweigend übergeht; und Ihre gerechten      
  27 Vorwürfe gegen jenen Namen treffen, dünkt mich, meine Erklärung nicht.      
           
  28 Wo ich nicht irre, unterhielt ich mich einst in Göttingen mit dem      
  29 Herrn Prof. Krauß über diese Materie. Ich nehme hier gerne Gelegenheit,      
  30 von diesem würdigen Manne, der ohne Zweifel Ihr Freund      
  31 ist, zu bezeugen, daß sein für Kopf und Herz mir damals so interessanter      
  32 Umgang, dessen ich zeitlebens mich dankbar erinnern werde,      
  33 manche noch lange nachher wohlthätige Eindrücke bey mir hinterlassen      
  34 hat, und sein Andenken erregt oft den Wunsch in mir, um ihn seyn      
  35 zu dürfen. Darf ich so frey seyn, und bitten, meinen besten Gru      
  36 ihn wissen zu lassen? Er wird Ihnen sagen, daß ich ein Würtemberger      
  37 bin. Ich kam im Iahr 1782 nach Oldenburg bey Bremen zu      
           
     

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