Kant: AA X, Briefwechsel 1782 , Seite 303 |
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| 01 | und wiederrieth den Schritt eines Landtages, weil ich versichert wäre | ||||||
| 02 | das auf demselben, viel Lerm, viel Geschrey und vielleicht solche Verhandlungen | ||||||
| 03 | zu befürchten wären, die den Rußischen Hoff erbittern und | ||||||
| 04 | halsstarrig machen könten. Da aber der Hertzog und die Ober=Räthe | ||||||
| 05 | die Wächter der Gesetze und der Freyheit des Landes wären, so würde | ||||||
| 06 | der Rußische Hof gar nicht übel deüten können, wann der Hertzog eine | ||||||
| 07 | Erklährung gebe welche das Ansinnen der Stadt Riga wiederlegte. | ||||||
| 08 | Hätte eine solche Erklährung die gewünschte Wirkung nicht, so bliebe | ||||||
| 09 | dem Herzog dennoch frey alsdann zu erkennen zu geben, daß der | ||||||
| 10 | Gegenstand für den ganzen Adel von einer solchen Wichtigkeit sey, da | ||||||
| 11 | er ohne sich denen größten Vorwürffen auszusetzen und ohne Ubertretung | ||||||
| 12 | der ihm aufgetragenen Gewalt über seine Herzogthümer, ohne | ||||||
| 13 | Zuziehung deßselben nichts Förmliches abmachen könne. Der Hertzog | ||||||
| 14 | nahm meinen Vorschlag an. Ich setzte ein brouillon zu einer refutation | ||||||
| 15 | auf. Dieser wurde ausgearbeitet und dem Gouverneur zugeschickt und | ||||||
| 16 | wie ich annehme so nimt die Sache eine so gute Wendung, da | ||||||
| 17 | alles bey dem vorigen bleiben wird. In der That sehe ich auch nicht | ||||||
| 18 | ab wie der Rußische Hoff das Ansinnen der Stadt Riga hätte Souteniren | ||||||
| 19 | wollen, außer durch eine besondere Gewaltthätigkeit, daß sie garnisons | ||||||
| 20 | nach Liebau und Windau hätte verlegen müßen, die kein getreyde in | ||||||
| 21 | die Häfen gelaßen hätten. Wäre dieses nicht geschehen, so hätte sich | ||||||
| 22 | gewiß kein Edelmann an die vom Hertzog gegebene Befehle gekehret. | ||||||
| 23 | So liegt, liebster Freünd, die Sache der Ukase, die so viel Aufsehen | ||||||
| 24 | gemacht hat und die in der Ferne auf alle Getreyde und Victualien | ||||||
| 25 | extendiret worden, da sie doch nur das Sommerkorn zum Gegenstand | ||||||
| 26 | hatte. Ew: Hochedelgeb: werden wohl thun denenjenigen, die einen | ||||||
| 27 | Antheil an dieser Angelegenheit nehmen, den wahren Begriff von der | ||||||
| 28 | Sache mit zu theilen. | ||||||
| 29 | Was aber hauptsächlich zu dieser Ukase Anlaß gegeben haben | ||||||
| 30 | mag ist ein Umstand, den ich muthmaße, aber hier im Lande nicht | ||||||
| 31 | öffentlich bekannt machen will. Ein gewißer HE v Behr, ein naher | ||||||
| 32 | Verwandter von mir, der in der Windauischen Gegend große Güther | ||||||
| 33 | und besonders große Waldungen hat, ist auf die Speculation gekommen | ||||||
| 34 | selber Kauffmann zu seyn. Er hat sich eigene Schiffe gebauet und | ||||||
| 35 | immediate correspondenz in Engelland procuriret, wohin er einen | ||||||
| 36 | Menschen auf seine eigene Kosten geschicket hatte. Diese und auch | ||||||
| 37 | sogar Englische Schiffe, die an ihn adressirt waren liegen im Hafen | ||||||
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