Kant: AA X, Briefwechsel 1778 , Seite 226 |
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| 01 | an Seel' u. Leib, die eine Folge meiner in Dessau erduldeten Leiden | ||||||
| 02 | war u. zum Theil noch jetzt ist, nicht daran denken dürfte, mir schon | ||||||
| 03 | sobald wieder einen so großen Wirkungskreis abzustechen; u. daß ich | ||||||
| 04 | daher auf Ihr gütiges Anerbieten Verzicht thun müßte. Auch hatte | ||||||
| 05 | ich mich damals, unter gewissen Bedingungen, gegen den guten Dessauischen | ||||||
| 06 | Fürsten verbindlich gemacht, nach Dessau zurückzukehren, um wenigstens | ||||||
| 07 | in Seinem Lande zu leben, falls ich an dem dortigen Institute keinen | ||||||
| 08 | unmittelbaren Antheil nehmen könnte. Diese Verbindlichkeit hat zwar | ||||||
| 09 | jetzt aufgehört, aber da die erste Ursache noch ziemlich fortdauert, so | ||||||
| 10 | darf ich vor der Hand noch nicht daran denken, wieder ein mit vielen | ||||||
| 11 | Arbeiten verbundenes öffentliches Amt zu übernehmen, es müste denn | ||||||
| 12 | etwa eine Bibliothekarstelle seyn, wobey ich es - haben Sie Nachsicht | ||||||
| 13 | mit mir! mehr mit Todten, als Lebendigen zu thun hätte. | ||||||
| 14 | Mancherley neue Kränkungen, die mir durch allerhand Mißverständnisse, | ||||||
| 15 | noch hier von Dessau aus zugewachsen sind; haben meine | ||||||
| 16 | Wiedervereinigung mit dem dortigen Institute mir schlechterdings unmöglich | ||||||
| 17 | gemacht. Ich habe daher den edlen Fürsten gebeten, mich von | ||||||
| 18 | aller Verbindung mit demselben loszusprechen, u. ich erwarte diese | ||||||
| 19 | Lossprechung mit der nächsten Post. Das Mspt., welches ich für die | ||||||
| 20 | Unterhandlungen fertig hatte, werde ich als eine kleine Sammlung | ||||||
| 21 | von Erziehungsschrifften noch auf die Ostermesse besonders abdrucken | ||||||
| 22 | lassen. Sollten Sie, der Hoffnung gemäß, die Sie mir im | ||||||
| 23 | Herbst zu machen beliebten, etwas für mich aufgesetzt haben: so würden | ||||||
| 24 | Sie mich durch eine baldige Zusendung desselben, u. durch die Erlaubniß, | ||||||
| 25 | es meiner Sammlung einzuverleiben, gar sehr verbinden. | ||||||
| 26 | Was dann nun mein Plan sey? - Vor der Hand dieser: ich | ||||||
| 27 | werde von vielen Kindern, die mir hier angeboten sind ein Paar von | ||||||
| 28 | gleichem Alter u. gleichen Fähigkeiten zu mir nehmen, um sie zu unterrichten | ||||||
| 29 | u. zu erziehen. Finde ich mit der Zeit einen Gehülfen nach | ||||||
| 30 | meinem Sinn u. Herzen, so werde ich mich mit ihm verbinden u. | ||||||
| 31 | die Zahl meiner Eleven verhältnißmäßig vergrössern. Nie werde ich | ||||||
| 32 | aber etwas unternehmen, welches Aufsehen u. Geräusch macht, sondern | ||||||
| 33 | bloß im Kleinen u. ganz im Stillen so viel Gutes zu wirken suchen, | ||||||
| 34 | als mir meine Kräffte erlauben werden. | ||||||
| 35 | Der gute Regge! - Schade um so viel Gutes, welches mit ihm | ||||||
| 36 | begraben ward! Einen solchen Gehülfen mit besserer Gesundheit | ||||||
| 37 | wünschte ich mir. | ||||||
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