Kant: AA X, Briefwechsel 1777 , Seite 213 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | zu verordnen, was meinem Verlangen genau gemäß wäre. Ich finde | ||||||
| 02 | aber in Monro's Buch von der Wassersucht eine Eintheilung der Purgirmittel, | ||||||
| 03 | welche ganz genau meiner idee correspondirt. Er unterscheidet | ||||||
| 04 | sie nämlich in hydragogische (wasserabführende) und eccoprotische (Kothabführende); | ||||||
| 05 | bemerkt richtig: daß die erstere schwächen und zählt darunter | ||||||
| 06 | die resinam Jalappae als das stärkste, Senesblätter aber und rhabarber | ||||||
| 07 | als schwächere, beyde aber als hydragogische Purgirmittel. Dagegen | ||||||
| 08 | sind seiner Angabe nach Weinstein= Crystallen und Tamarinden | ||||||
| 09 | eccoprotisch, mithin meiner Bedürfnis angemessen. HE. Mendelssohn | ||||||
| 10 | sagt: daß er von diesen letzteren selbst nützlichen Gebrauch gemacht | ||||||
| 11 | habe und daß es die pulpa der tamarinden sey, welche darinn gegeben | ||||||
| 12 | werde. Nun besteht mein ergebenstes Ansuchen darinn: mir aus diesen | ||||||
| 13 | zuletzt erwähnten Mitteln ein recipe zu verschreiben, wovon ich dann | ||||||
| 14 | und wann Gebrauch machen könne. Die dosis darf bey mir nur gring | ||||||
| 15 | seyn, weil ich gemeiniglich von einer kleineren als der Arzt mir verschrieb | ||||||
| 16 | mehr Wirkung verspührte als mir lieb war; doch bitte ich es | ||||||
| 17 | so einzurichten, daß ich nach Befinden etwas mehr oder weniger davon | ||||||
| 18 | einnehmen könne. | ||||||
| 19 | Durch das zweyte Geschenk berauben sie sich selbst einer angenehmen | ||||||
| 20 | und, wie ich urtheile, auch kostbaren Sammlung, um mir daraus ein | ||||||
| 21 | Zeugnis der Freundschaft zu machen, die mir desto reizender ist, ie | ||||||
| 22 | mehr die Ursachen derselben aus den reinen Qvellen einer guten | ||||||
| 23 | Denkungsart entsprungen sind. Ich habe mit diesen Stücken, welche | ||||||
| 24 | den guten Geschmak und die Kentnis des Alterthums sehr zu befördern | ||||||
| 25 | dienen, schon manche meiner Freunde vergnügt und wünsche, daß dieses | ||||||
| 26 | Vergnügen, welches Sie sich selbst entzogen haben, anderweitig ersetzt | ||||||
| 27 | werden möge. | ||||||
| 28 | Seit der Zeit daß wir von einander getrennt sind haben meine | ||||||
| 29 | ehedem Stückweise auf allerley Gegenstände der philosophie verwandte | ||||||
| 30 | Untersuchungen systematische Gestalt gewonnen und mich allmählig zur | ||||||
| 31 | Idee des Ganzen geführt, welche allererst das Urtheil über den Werth | ||||||
| 32 | und den wechselseitigen Einflus der Theile möglich macht. Allen Ausfertigungen | ||||||
| 33 | dieser Arbeiten liegt indessen das, was ich die Critik der | ||||||
| 34 | reinen Vernunft nenne, als ein Stein im Wege, mit dessen Wegschaffung | ||||||
| 35 | ich iezt allein beschäftigt bin, und diesen Winter damit vollig | ||||||
| 36 | fertig zu werden hoffe. Was mich aufhält ist nichts weiter, als die | ||||||
| 37 | Bemühung, allem darinn vorkommenden völlige Deutlichkeit zu geben, | ||||||
| [ Seite 212 ] [ Seite 214 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||