Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 269

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 noch mehrerer feuerspeiender Berge im Meere vermuthen lassen, so muß      
  02 man nothwendig auch auf mechanische Ursachen kommen, die ihnen zum      
  03 Grunde liegen.      
           
  04 Die Erde scheint sich von oben zuerst ausgearbeitet zu haben, in      
  05 ihrem Inwendigen aber noch lange nicht zur Reife gediehen zu sein, so      
  06 daß noch Theile nach dem Centrum der Erde gezogen werden; einige Partikelchen      
  07 sinken, andere steigen; ja, es hat das Ansehn, als wenn die Erde      
  08 aufhören würde bewohnbar zu sein, wenn sie irgend jemals zu ihrer      
  09 gänzlichen Vollendung gelangte, indem bei dem wahrscheinlichen Mangel      
  10 einer Abwechselung der Witterung unter alleiniger Einwirkung der Sonne      
  11 und des Mondes auf die Erde schwerlich weiter Gewächse aller Art fortkommen      
  12 könnten.      
           
  13 Innerhalb dieses chaotischen Zustandes der Erde in ihrem Innern      
  14 muß es nothwendig unter der zur Reife gediehenen dicken Rinde derselben      
  15 viele Höhlen und Gänge geben, in welchen Luft verschlossen ist, und diese      
  16 Luft scheint es zu sein, die durch die feuerspeienden Berge ihren Ausweg      
  17 sucht und durch ihre Gewalt eine große Masse Materie mit sich hinaustreibt.      
  18 Sie scheint es zu sein, die die Erdbeben verursacht, da diese mit      
  19 den Vulkanen eine sehr wahrscheinliche Verbindung haben möchten, indem      
  20 man bemerkt, daß, wenn ein Erdbeben aufgehört hat, der Ätna auszuwerfen      
  21 anfängt. Aber umgekehrt kann man nicht sagen, daß, wo es feuerspeiende      
  22 Berge giebt, auch Erdbeben sein müssen. Die Erderschütterungen      
  23 und die Auswürfe wechseln; die letztern leeren das unterirdische Feuer      
  24 aus und sind den entlegenen Gegenden heilsam, obgleich sie die ihnen      
  25 zunächst gelegenen verwüsten.      
           
  26 Weil man nun niemals die Tiefe, aus welcher die Materie der feuerspeienden      
  27 Berge geworfen wird, hat entdecken können: so muß die Kruste      
  28 der Erde überaus dick sein.      
           
  29 Wenn wir nun annehmen, daß selbige überall gleich dick ist: so sehen      
  30 wir zugleich die Ursache ein, warum die Erdbeben auf der See nicht so      
  31 heftig als in den an ihr liegenden Vorgebirgen sind. Dort nämlich hat      
  32 die eingesperrte Luft außer der allenthalben gleich dicken Erdrinde zugleich      
  33 eine sehr große Wassermasse zu heben, daher sie an Örter übergeht, die      
  34 ihr keinen eben so starken Widerstand leisten können.      
           
  35 Das Feuer bricht in der Spitze des Berges aus. Da ist keine Ursache      
  36 des Auswurfes vorhanden, durch den der Berg erst entstanden ist.      
  37 Der Berg besteht aus Schichten, die im Wasser erzeugt sind, folglich muß      
           
     

[ Seite 268 ] [ Seite 270 ] [ Inhaltsverzeichnis ]