Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 197

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Auch an andern Stellen bemerkt man es, doch nie in so beträchtlicher      
  02 Menge als an den benannten Örtern. Weil von Westen sowohl als      
  03 von Osten her, nämlich von der amerikanischen und europäischen Küste      
  04 aus, ein und eben derselbe Wind in entgegengesetzter Richtung weht: so      
  05 entstehen von beiden Seiten Ströme, die in der Mitte zusammenstoßen      
  06 und einen Wirbel bilden, in der Art, daß jenes Kraut, welches beide      
  07 Ströme mit sich führen, in diesem Wirbel herumgedreht und beisammen      
  08 erhalten wird.      
           
  09 Ein Chinafahrer hat an einer Spitze von Afrika, bei dem Vorgebirge      
  10 der guten Hoffnung, drei Tage nach einander frühe Morgens einen ganzen      
  11 Strich des Meeres mit Bimssteinen bedeckt gefunden, die aber bei höherem      
  12 Tage wieder verschwunden waren. Diese Erzählung ist zwar weiter      
  13 noch nicht namentlich bestätigt, allein der Grund und die Ursache einer      
  14 solchen Erscheinung wären eben nicht schwer zu entdecken. Die Bimssteine      
  15 sind um etwas, doch nicht um vieles leichter als das Wasser. Um Mittag      
  16 hingegen wird dieses leichter, indem es von der, besonders in jenen Gegenden      
  17 stärkern Sonnenhitze erwärmt wird. Auf diese Weise sinken denn      
  18 nun die Bimssteine als verhältnißmäßig schwerer zu Grunde. Am Morgen      
  19 aber und während der Nacht kühlt sich das Wasser wieder ab, wodurch      
  20 es schwerer, die Steine dagegen leichter werden und daher oben schwimmen.      
           
  21 An andern Küsten schwimmen sehr viele Wasserpflanzen, z. E. an der      
  22 Küste von Malabar, welches die Seefahrer demnach auch für ein Kennzeichen      
  23 halten, daß sie dem Lande nahe sind, daher sie bei dem Anblicke      
  24 derselben die Rechnung abschließen und in allen Stücken genau so handeln,      
  25 als wenn sie schon wirklich gelandet wären.      
           
  26 Anmerkung 1. Je tiefer in das Meer hinein, um so dunkler wird seine      
  27 Farbe. Das grünliche Ansehen desselben scheint eine Folge des Wiederscheins      
  28 eines heitern Himmels zu sein. Rührt übrigens die Farbe nicht von einem zufälligen      
  29 Umstande dieser Art her: so beruht sie auf einer wesentlichen Verschiedenheit      
  30 oder den in dem Seewasser befindlichen Stoffen.      
           
  31 Anmerkung 2. Die Durchsichtigkeit ist nichts anderes, als die Fähigkeit      
  32 eines Körpers das Licht durchzulassen, und diese scheint mehr Charakter der innern      
  33 Gestalt der Körper als ihrer Materie zu sein, indem es hier auch gar sehr auf homogene      
  34 Dichtigkeit und dadurch begründete einfache Brechung der Lichtstrahlen ankommt.      
  35 Wir bemerken hier indessen, daß die Durchsichtigkeit des Meerwassers      
  36 gar sehr von seiner Schwere abhängt; meistens bricht es die Sonnenstrahlen zu      
  37 sehr, als daß sie viel über 45 Faden tief durchdringen könnten, daher es in einer      
           
     

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