Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 013

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 der Sprache überhaupt enthält, ohne Wörter, die zur Materie der Sprache      
  02 gehören.      
           
  03 Diese Wissenschaft von den nothwendigen Gesetzen des Verstandes      
  04 und der Vernunft überhaupt oder, welches einerlei ist, von der bloßen      
  05 Form des Denkens überhaupt, nennen wir nun Logik.      
           
  06 Als eine Wissenschaft, die auf alles Denken überhaupt geht, unangesehen      
  07 der Objecte als der Materie des Denkens ist die Logik      
           
  08 1) als Grundlage zu allen andern Wissenschaften und als die      
  09 Propädeutik alles Verstandesgebrauchs anzusehen. Sie kann aber auch      
  10 eben darum, weil sie von allen Objecten gänzlich abstrahirt,      
           
  11 2) kein Organon der Wissenschaften sein.      
  12 Unter einem Organon verstehen wir nämlich eine Anweisung, wie      
  13 ein gewisses Erkenntniß zu Stande gebracht werden solle. Dazu aber gehört,      
  14 daß ich das Object der nach gewissen Regeln hervorzubringenden      
  15 Erkenntniß schon kenne. Ein Organon der Wissenschaften ist daher nicht      
  16 bloße Logik, weil es die genaue Kenntniß der Wissenschaften, ihrer Objecte      
  17 und Quellen voraussetzt. So ist z. B. die Mathematik ein vortreffliches      
  18 Organon, als eine Wissenschaft, die den Grund der Erweiterung unserer      
  19 Erkenntniß in Ansehung eines gewissen Vernunftgebrauches enthält. Die      
  20 Logik hingegen, da sie als allgemeine Propädeutik alles Verstandes= und      
  21 Vernunftgebrauchs überhaupt, nicht in die Wissenschaften gehen und deren      
  22 Materie anticipiren darf, ist nur eine allgemeine Vernunftkunst      
  23 ( canonica Epicuri ), Erkenntnisse überhaupt der Form des Verstandes gemäß      
  24 zu machen, und also nur in so fern ein Organon zu nennen, das      
  25 aber freilich nicht zur Erweiterung, sondern bloß zur Beurtheilung      
  26 und Berichtigung unsers Erkenntnisses dient.      
           
  27 3) Als eine Wissenschaft der nothwendigen Gesetze des Denkens, ohne      
  28 welche gar kein Gebrauch des Verstandes und der Vernunft stattfindet,      
  29 die folglich die Bedingungen sind, unter denen der Verstand einzig mit      
  30 sich selbst zusammen stimmen kann und soll, - die nothwendigen Gesetze      
  31 und Bedingungen seines richtigen Gebrauchs - ist aber die Logik ein      
  32 Kanon. Und als ein Kanon des Verstandes und der Vernunft darf      
  33 sie daher auch keine Principien weder aus irgend einer Wissenschaft noch      
  34 aus irgend einer Erfahrung borgen; sie muß lauter Gesetze a priori,      
           
     

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