Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 464

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dieses zu schließen; weil jene Principien lediglich für die Natur als Gegenstand      
  02 der Sinne gelten.      
           
  03 2) Man kann sich zwar von zwei ungleichartigen Dingen eben in dem      
  04 Punkte ihrer Ungleichartigkeit eines derselben doch nach einer Analogie*)      
  05 mit dem andern denken; aber aus dem, worin sie ungleichartig sind, nicht      
  06 von einem nach der Analogie auf das andere schließen, d. i. dieses Merkmal      
  07 des specifischen Unterschiedes auf das andere übertragen. So kann      
  08 ich mir nach der Analogie mit dem Gesetze der Gleichheit der Wirkung      
  09 und Gegenwirkung in der wechselseitigen Anziehung und Abstoßung der      
           
    *)Analogie (in qualitativer Bedeutung) ist die Identität des Verhältnisses zwischen Gründen und Folgen (Ursachen und Wirkungen), sofern sie ungeachtet der specifischen Verschiedenheit der Dinge, oder derjenigen Eigenschaften an sich, welche den Grund von ähnlichen Folgen enthalten (d. i. außer diesem Verhältnisse betrachtet), Statt findet. So denken wir uns zu den Kunsthandlungen der Thiere in Vergleichung mit denen des Menschen den Grund dieser Wirkungen in den ersteren, den wir nicht kennen, mit dem Grunde ähnlicher Wirkungen des Menschen (der Vernunft), den wir kennen, als Analogon der Vernunft; und wollen damit zugleich anzeigen: daß der Grund des thierischen Kunstvermögens unter der Benennung eines Instincts von der Vernunft in der That specifisch unterschieden, doch auf die Wirkung (der Bau der Biber mit dem der Menschen verglichen) ein ähnliches Verhältniß habe. - Deswegen aber kann ich daraus, weil der Mensch zu seinem Bauen Vernunft braucht, nicht schließen, daß der Biber auch dergleichen haben müsse, und es einen Schluß nach der Analogie nennen. Aber aus der ähnlichen Wirkungsart der Thiere (wovon wir den Grund nicht unmittelbar wahrnehmen können), mit der des Menschen (dessen wir uns unmittelbar bewußt sind) verglichen, können wir ganz richtig nach der Analogie schließen, daß die Thiere auch nach Vorstellungen handeln (nicht, wie Cartesius will, Maschinen sind) und ungeachtet ihrer specifischen Verschiedenheit doch der Gattung nach (als lebende Wesen) mit dem Menschen einerlei sind. Das Princip der Befugniß, so zu schließen, liegt in der Einerleiheit eines Grundes, die Thiere in Ansehung gedachter Bestimmung mit dem Menschen, als Menschen, so weit wir sie äußerlich nach ihren Handlungen mit einander vergleichen, zu einerlei Gattung zu zählen. Es ist par ratio . Eben so kann ich die Causalität der obersten Weltursache in der Vergleichung der zweckmäßigen Producte derselben in der Welt mit den Kunstwerken des Menschen nach der Analogie eines Verstandes denken, aber nicht auf diese Eigenschaften in demselben nach der Analogie schließen: weil hier das Princip der Möglichkeit einer solchen Schlußart gerade mangelt, nämlich die paritas rationis , das höchste Wesen mit dem Menschen (in Ansehung ihrer beiderseitigen Causalität) zu einer und derselben Gattung zu zählen. Die Causalität der Weltwesen, die immer sinnlich=bedingt (dergleichen die durch Verstand) ist, kann nicht auf ein Wesen übertragen werden, welches mit jenen keinen Gattungsbegriff, als den eines Dinges überhaupt gemein hat.      
           
     

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