Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 414 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | werden könnte: so führt obige Maxime zugleich die Nothwendigkeit einer | ||||||
| 02 | Vereinigung beider Principien in der Beurtheilung der Dinge als Naturzwecke | ||||||
| 03 | bei sich, aber nicht um eine ganz, oder in gewissen Stücken an die | ||||||
| 04 | Stelle der andern zu setzen. Denn an die Stelle dessen, was (von uns | ||||||
| 05 | wenigstens) nur als nach Absicht möglich gedacht wird, läßt sich kein Mechanism; | ||||||
| 06 | und an die Stelle dessen, was nach diesem als nothwendig erkannt | ||||||
| 07 | wird, läßt sich keine Zufälligkeit, die eines Zwecks zum Bestimmungsgrunde | ||||||
| 08 | bedürfe, annehmen: sondern nur die eine (der Mechanism) | ||||||
| 09 | der andern (dem absichtlichen Technicism) unterordnen, welches nach dem | ||||||
| 10 | transscendentalen Princip der Zweckmäßigkeit der Natur ganz wohl geschehen | ||||||
| 11 | darf. | ||||||
| 12 | Denn wo Zwecke als Gründe der Möglichkeit gewisser Dinge gedacht | ||||||
| 13 | werden, da muß man auch Mittel annehmen, deren Wirkungsgesetz für | ||||||
| 14 | sich nichts einen Zweck Voraussetzendes bedarf, mithin mechanisch und | ||||||
| 15 | doch eine untergeordnete Ursache absichtlicher Wirkungen sein kann. Daher | ||||||
| 16 | läßt sich selbst in organischen Producten der Natur, noch mehr aber, | ||||||
| 17 | wenn wir, durch die unendliche Menge derselben veranlaßt, das absichtliche | ||||||
| 18 | in der Verbindung der Naturursachen nach besondern Gesetzen nun | ||||||
| 19 | auch (wenigstens durch erlaubte Hypothese) zum allgemeinen Princip | ||||||
| 20 | der reflectirenden Urtheilskraft für das Naturganze (die Welt) annehmen, | ||||||
| 21 | eine große und sogar allgemeine Verbindung der mechanischen Gesetze | ||||||
| 22 | mit den teleologischen in den Erzeugungen der Natur denken, ohne die | ||||||
| 23 | Principien der Beurtheilung derselben zu verwechseln und eines an die | ||||||
| 24 | Stelle des andern zu setzen: weil in einer teleologischen Beurtheilung die | ||||||
| 25 | Materie, selbst wenn die Form, welche sie annimmt, nur als nach Absicht | ||||||
| 26 | möglich beurtheilt wird, doch ihrer Natur nach mechanischen Gesetzen gemäß | ||||||
| 27 | jenem vorgestellten Zwecke auch zum Mittel untergeordnet sein kann; wiewohl, | ||||||
| 28 | da der Grund dieser Vereinbarkeit in demjenigen liegt, was weder | ||||||
| 29 | das eine noch das andere (weder Mechanism, noch Zweckverbindung), sondern | ||||||
| 30 | das übersinnliche Substrat der Natur ist, von dem wir nichts erkennen, | ||||||
| 31 | für unsere (die menschliche) Vernunft beide Vorstellungsarten der | ||||||
| 32 | Möglichkeit solcher Objecte nicht zusammenzuschmelzen sind, sondern wir | ||||||
| 33 | sie nicht anders als nach der Verknüpfung der Endursachen auf einem | ||||||
| 34 | obersten Verstande gegründet beurtheilen können, wodurch also der teleologischen | ||||||
| 35 | Erklärungsart nichts benommen wird. | ||||||
| 36 | Weil nun aber ganz unbestimmt und für unsere Vernunft auch auf | ||||||
| 37 | immer unbestimmbar ist, wieviel der Mechanism der Natur als Mittel zu | ||||||
| [ Seite 413 ] [ Seite 415 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||