Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 288 |
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| 01 | Prädicate enthält, zu einem Erkenntnißurtheile verbunden und dadurch | ||||||
| 02 | ein Erfahrungsurtheil erzeugt werden. Diesem liegen nun Begriffe a priori | ||||||
| 03 | von der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen der Anschauung, um es | ||||||
| 04 | als Bestimmung eines Objects zu denken, zum Grunde; und diese Begriffe | ||||||
| 05 | (die Kategorieen) erfordern eine Deduction, die auch in der Kritik | ||||||
| 06 | der r. v. gegeben worden, wodurch denn auch die Auflösung der Aufgabe | ||||||
| 07 | zu Stande kommen konnte: wie sind synthetische Erkenntnißurtheile a priori | ||||||
| 08 | möglich? Diese Aufgabe betraf also die Principien a priori des reinen | ||||||
| 09 | Verstandes und seiner theoretischen Urtheile. | ||||||
| 10 | Mit einer Wahrnehmung kann aber auch unmittelbar ein Gefühl | ||||||
| 11 | der Lust (oder Unlust) und ein Wohlgefallen verbunden werden, welches | ||||||
| 12 | die Vorstellung des Objects begleitet und derselben statt Prädicats dient, | ||||||
| 13 | und so ein ästhetisches Urtheil, welches kein Erkenntnißurtheil ist, entspringen. | ||||||
| 14 | Einem solchen, wenn es nicht bloßes Empfindungs=, sondern | ||||||
| 15 | ein formales Reflexions=Urtheil ist, welches dieses Wohlgefallen jedermann | ||||||
| 16 | als nothwendig ansinnt, muß etwas als Princip a priori zum Grunde | ||||||
| 17 | liegen, welches allenfalls ein bloß subjectives sein mag (wenn ein objectives | ||||||
| 18 | zu solcher Art Urtheile unmöglich sein sollte), aber auch als ein solches | ||||||
| 19 | einer Deduction bedarf, damit begriffen werde, wie ein ästhetisches Urtheil | ||||||
| 20 | auf Nothwendigkeit Anspruch machen könne. Hierauf gründet sich nun die | ||||||
| 21 | Aufgabe, mit der wir uns jetzt beschäftigen: wie sind Geschmacksurtheile | ||||||
| 22 | möglich? Welche Aufgabe also die Principien a priori der reinen Urtheilskraft | ||||||
| 23 | in ästhetischen Urtheilen betrifft, d. i. in solchen, wo sie nicht (wie | ||||||
| 24 | in den theoretischen) unter objectiven Verstandesbegriffen bloß zu subsumiren | ||||||
| 25 | hat und unter einem Gesetze steht, sondern wo sie sich selbst subjectiv | ||||||
| 26 | Gegenstand sowohl als Gesetz ist. | ||||||
| 27 | Diese Aufgabe kann auch so vorgestellt werden: wie ist ein Urtheil | ||||||
| 28 | möglich, das bloß aus dem eigenen Gefühl der Lust an einem Gegenstande | ||||||
| 29 | unabhängig von dessen Begriffe diese Lust, als der Vorstellung desselben | ||||||
| 30 | Objects in jedem andern Subjecte anhängig, a priori, d. i. | ||||||
| 31 | ohne fremde Beistimmung abwarten zu dürfen, beurtheilte? | ||||||
| 32 | Daß Geschmacksurtheile synthetische sind, ist leicht einzusehen, weil | ||||||
| 33 | sie über den Begriff und selbst die Anschauung des Objects hinausgehen | ||||||
| 34 | und etwas, das gar nicht einmal Erkenntniß ist, nämlich Gefühl der Lust | ||||||
| 35 | (oder Unlust), zu jener als Prädicat hinzuthun. Daß sie aber, obgleich | ||||||
| 36 | das Prädicat (der mit der Vorstellung verbundenen eigenen Lust) empirisch | ||||||
| 37 | ist, gleichwohl, was die geforderte Beistimmung von jedermann | ||||||
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