Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 286 |
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Text (Kant):
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| 01 | Reflexion des Subjects über seinen eigenen Zustand (der Lust oder Unlust) | ||||||
| 02 | mit Abweisung aller Vorschriften und Regeln erwarten. | ||||||
| 03 | Worüber aber Kritiker dennoch vernünfteln können und sollen, so daß | ||||||
| 04 | es zur Berichtigung und Erweiterung unserer Geschmacksurtheile gereiche: | ||||||
| 05 | das ist nicht, den Bestimmungsgrund dieser Art ästhetischer Urtheile in | ||||||
| 06 | einer allgemeinen brauchbaren Formel darzulegen, welches unmöglich ist; | ||||||
| 07 | sondern über die Erkenntnißvermögen und deren Geschäfte in diesen Urtheilen | ||||||
| 08 | Nachforschung zu thun und die wechselseitige subjective Zweckmäßigkeit, | ||||||
| 09 | von welcher oben gezeigt ist, daß ihre Form in einer gegebenen Vorstellung | ||||||
| 10 | die Schönheit des Gegenstandes derselben sei, in Beispielen aus | ||||||
| 11 | einander zu setzen. Also ist die Kritik des Geschmacks selbst nur subjectiv | ||||||
| 12 | in Ansehung der Vorstellung, wodurch uns ein Object gegeben wird: nämlich | ||||||
| 13 | sie ist die Kunst oder Wissenschaft, das wechselseitige Verhältniß des | ||||||
| 14 | Verstandes und der Einbildungskraft zu einander in der gegebenen Vorstellung | ||||||
| 15 | (ohne Beziehung auf vorhergehende Empfindung oder Begriff), | ||||||
| 16 | mithin die Einhelligkeit oder Mißhelligkeit derselben unter Regeln zu | ||||||
| 17 | bringen und sie in Ansehung ihrer Bedingungen zu bestimmen. Sie ist | ||||||
| 18 | Kunst, wenn sie dieses nur an Beispielen zeigt; sie ist Wissenschaft, | ||||||
| 19 | wenn sie die Möglichkeit einer solchen Beurtheilung von der Natur dieser | ||||||
| 20 | Vermögen, als Erkenntnißvermögen überhaupt, ableitet. Mit der letzteren | ||||||
| 21 | als transscendentalen Kritik haben wir es hier überall allein zu thun. Sie | ||||||
| 22 | soll das subjective Princip des Geschmacks, als ein Princip a priori der | ||||||
| 23 | Urtheilskraft, entwickeln und rechtfertigen. Die Kritik als Kunst sucht | ||||||
| 24 | bloß die physiologischen (hier psychologischen), mithin empirischen Regeln, | ||||||
| 25 | nach denen der Geschmack wirklich verfährt, (ohne über ihre Möglichkeit | ||||||
| 26 | nachzudenken) auf die Beurtheilung seiner Gegenstände anzuwenden und | ||||||
| 27 | kritisirt die Producte der schönen Kunst; so wie jene das Vermögen selbst, | ||||||
| 28 | sie zu beurtheilen. | ||||||
| 29 | § 35. |
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| 30 | Das Princip des Geschmacks ist das subjective Princip der |
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| 31 | Urtheilskraft überhaupt. |
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| 32 | Das Geschmacksurtheil unterscheidet sich darin von dem logischen: | ||||||
| 33 | daß das letztere eine Vorstellung unter Begriffe vom Object, das erstere | ||||||
| 34 | aber gar nicht unter einen Begriff subsumirt, weil sonst der nothwendige | ||||||
| 35 | allgemeine Beifall durch Beweise würde erzwungen werden können. Gleichwohl | ||||||
| 36 | aber ist es darin dem letztern ähnlich, daß es eine Allgemeinheit und | ||||||
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