Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 181 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | so vorgestellt, als ob ein Verstand den Grund der Einheit des Mannigfaltigen | ||||||
| 02 | ihrer empirischen Gesetze enthalte. | ||||||
| 03 | Die Zweckmäßigkeit der Natur ist also ein besonderer Begriff a | ||||||
| 04 | priori, der lediglich in der reflectirenden Urtheilskraft seinen Ursprung | ||||||
| 05 | hat. Denn den Naturproducten kann man so etwas als Beziehung der | ||||||
| 06 | Natur an ihnen auf Zwecke nicht beilegen, sondern diesen Begriff nur | ||||||
| 07 | brauchen, um über sie in Ansehung der Verknüpfung der Erscheinungen | ||||||
| 08 | in ihr, die nach empirischen Gesetzen gegeben ist, zu reflectiren. Auch ist | ||||||
| 09 | dieser Begriff von der praktischen Zweckmäßigkeit (der menschlichen Kunst | ||||||
| 10 | oder auch der Sitten) ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie | ||||||
| 11 | mit derselben gedacht wird. | ||||||
| 12 | V |
||||||
| 13 | Das Princip der formalen Zweckmäßigkeit der Natur ist |
||||||
| 14 | ein transscendentales Princip der Urtheilskraft. |
||||||
| 15 | Ein transscendentales Princip ist dasjenige, durch welches die allgemeine | ||||||
| 16 | Bedingung a priori vorgestellt wird, unter der allein Dinge Objecte | ||||||
| 17 | unserer Erkenntniß überhaupt werden können. Dagegen heißt ein | ||||||
| 18 | Princip metaphysisch, wenn es die Bedingung a priori vorstellt, unter | ||||||
| 19 | der allein Objecte, deren Begriff empirisch gegeben sein muß, a priori | ||||||
| 20 | weiter bestimmt werden können. So ist das Princip der Erkenntniß | ||||||
| 21 | der Körper als Substanzen und als veränderlicher Substanzen transscendental, | ||||||
| 22 | wenn dadurch gesagt wird, daß ihre Veränderung eine Ursache | ||||||
| 23 | haben müsse; es ist aber metaphysisch, wenn dadurch gesagt wird, | ||||||
| 24 | ihre Veränderung müsse eine äußere Ursache haben: weil im ersteren | ||||||
| 25 | Falle der Körper nur durch ontologische Prädicate (reine Verstandesbegriffe), | ||||||
| 26 | z. B. als Substanz, gedacht werden darf, um den Satz a priori | ||||||
| 27 | zu erkennen; im zweiten aber der empirische Begriff eines Körpers (als | ||||||
| 28 | eines beweglichen Dinges im Raum) diesem Satze zum Grunde gelegt | ||||||
| 29 | werden muß, alsdann aber, daß dem Körper das letztere Prädicat (der | ||||||
| 30 | Bewegung nur durch äußere Ursache) zukomme, völlig a priori eingesehen | ||||||
| 31 | werden kann. - So ist, wie ich sogleich zeigen werde, das Princip | ||||||
| 32 | der Zweckmäßigkeit der Natur (in der Mannigfaltigkeit ihrer empirischen | ||||||
| 33 | Gesetze) ein transscendentales Princip. Denn der Begriff von den Objecten, | ||||||
| 34 | sofern sie als unter diesem Princip stehend gedacht werden, ist nur | ||||||
| 35 | der reine Begriff von Gegenständen des möglichen Erfahrungserkenntnisses | ||||||
| [ Seite 180 ] [ Seite 182 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||