Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 179 |
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Text (Kant):
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| 01 | oberen nur aus der Bestimmung desselben durch das moralische Gesetz | ||||||
| 02 | folge), eben so wohl einen Übergang vom reinen Erkenntnißvermögen, | ||||||
| 03 | d. i. vom Gebiete der Naturbegriffe, zum Gebiete des Freiheitsbegriffs | ||||||
| 04 | bewirken werde, als sie im logischen Gebrauche den Übergang vom Verstande | ||||||
| 05 | zur Vernunft möglich macht. | ||||||
| 06 | Wenn also gleich die Philosophie nur in zwei Haupttheile, die theoretische | ||||||
| 07 | und praktische, eingetheilt werden kann; wenn gleich alles, was | ||||||
| 08 | wir von den eignen Principien der Urtheilskraft zu sagen haben möchten, | ||||||
| 09 | in ihr zum theoretischen Theile, d. i. dem Vernunfterkenntniß nach Naturbegriffen, | ||||||
| 10 | gezählt werden müßte: so besteht doch die Kritik der reinen Vernunft, | ||||||
| 11 | die alles dieses vor der Unternehmung jenes Systems zum Behuf | ||||||
| 12 | der Möglichkeit desselben ausmachen muß, aus drei Theilen: der Kritik | ||||||
| 13 | des reinen Verstandes, der reinen Urtheilskraft und der reinen Vernunft, | ||||||
| 14 | welche Vermögen darum rein genannt werden, weil sie a priori gesetzgebend | ||||||
| 15 | sind. | ||||||
| 16 | IV |
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| 17 | Von der Urtheilskraft, als einem a priori gesetzgebenden |
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| 18 | Vermögen. |
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| 19 | Urtheilskraft überhaupt ist das Vermögen, das Besondere als enthalten | ||||||
| 20 | unter dem Allgemeinen zu denken. Ist das Allgemeine (die Regel, | ||||||
| 21 | das Princip, das Gesetz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das Besondere | ||||||
| 22 | darunter subsumirt, (auch wenn sie als transscendentale Urtheilskraft | ||||||
| 23 | a priori die Bedingungen angiebt, welchen gemäß allein unter jenem | ||||||
| 24 | Allgemeinen subsumirt werden kann) bestimmend. Ist aber nur das | ||||||
| 25 | Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die Urtheilskraft | ||||||
| 26 | bloß reflectirend. | ||||||
| 27 | Die bestimmende Urtheilskraft unter allgemeinen transscendentalen | ||||||
| 28 | Gesetzen, die der Verstand giebt, ist nur subsumirend; das Gesetz ist ihr | ||||||
| 29 | a priori vorgezeichnet, und sie hat also nicht nöthig, für sich selbst auf ein | ||||||
| 30 | Gesetz zu denken, um das Besondere in der Natur dem Allgemeinen unterordnen | ||||||
| 31 | zu können. - Allein es sind so mannigfaltige Formen der Natur, | ||||||
| 32 | gleichsam so viele Modificationen der allgemeinen transscendentalen Naturbegriffe, | ||||||
| 33 | die durch jene Gesetze, welche der reine Verstand a priori giebt, | ||||||
| 34 | weil dieselben nur auf die Möglichkeit einer Natur (als Gegenstandes der | ||||||
| 35 | Sinne) überhaupt gehen, unbestimmt gelassen werden, daß dafür doch | ||||||
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