Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 104

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 gesichert wird. Nun sind alle Kategorien in zwei Classen, die mathematische,      
  02 welche blos auf die Einheit der Synthesis in der Vorstellung      
  03 der Objecte, und die dynamische, welche auf die in der Vorstellung der      
  04 Existenz der Objecte gehen, eingetheilt. Die erstere (die der Größe und      
  05 der Qualität) enthalten jederzeit eine Synthesis des Gleichartigen, in      
  06 welcher das Unbedingte zu dem in der sinnlichen Anschauung gegebenen      
  07 Bedingten in Raum und Zeit, da es selbst wiederum zum Raume und der      
  08 Zeit gehören und also immer wiederum bedingt sein müßte, gar nicht      
  09 kann gefunden werden; daher auch in der Dialektik der reinen theoretischen      
  10 Vernunft die einander entgegengesetzte Arten, das Unbedingte und die      
  11 Totalität der Bedingungen für sie zu finden, beide falsch waren. Die      
  12 Kategorien der zweiten Classe (die der Causalität und der Nothwendigkeit      
  13 eines Dinges) erforderten diese Gleichartigkeit (des Bedingten und der      
  14 Bedingung in der Synthesis) gar nicht, weil hier nicht die Anschauung,      
  15 wie sie aus einem Mannigfaltigen in ihr zusammengesetzt, sondern nur      
  16 wie die Existenz des ihr correspondirenden bedingten Gegenstandes zu der      
  17 Existenz der Bedingung (im Verstande als damit verknüpft) hinzukomme,      
  18 vorgestellt werden sollte, und da war es erlaubt, zu dem durchgängig Bedingten      
  19 in der Sinnenwelt (sowohl in Ansehung der Causalität als des      
  20 zufälligen Daseins der Dinge selbst) das Unbedingte, obzwar übrigens      
  21 unbestimmt, in der intelligibelen Welt zu setzen und die Synthesis transscendent      
  22 zu machen; daher denn auch in der Dialektik der reinen speculativen      
  23 Vernunft sich fand, daß beide dem Scheine nach einander entgegengesetzte      
  24 Arten das Unbedingte zum Bedingten zu finden, z. B. in der Synthesis      
  25 der Causalität zum Bedingten in der Reihe der Ursachen und Wirkungen      
  26 der Sinnenwelt die Causalität, die weiter nicht sinnlich bedingt ist,      
  27 zu denken, sich in der That nicht widerspreche, und daß dieselbe Handlung,      
  28 die, als zur Sinnenwelt gehörig, jederzeit sinnlich bedingt, d. i. mechanisch      
  29 nothwendig ist, doch zugleich auch, als zur Causalität des handelnden Wesens,      
  30 so fern es zur intelligibelen Welt gehörig ist, eine sinnlich unbedingte      
  31 Causalität zum Grunde haben, mithin als frei gedacht werden könne. Nun      
  32 kam es blos darauf an, daß dieses Können in ein Sein verwandelt würde,      
  33 d. i., daß man in einem wirklichen Falle gleichsam durch ein Factum beweisen      
  34 könne: daß gewisse Handlungen eine solche Causalität (die intellectuelle,      
  35 sinnlich unbedingte) voraussetzen, sie mögen nun wirklich, oder auch      
  36 nur geboten, d. i. objectiv praktisch nothwendig sein. An wirklich in der Erfahrung      
  37 gegebenen Handlungen, als Begebenheiten der Sinnenwelt, konnten      
           
     

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