Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 539 |
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| 01 | seiner Art keinen Unterschied der Größe der Bewegung giebt, als | ||||||
| 02 | die mithin blos in der Geschwindigkeit besteht. Wie die Quantität der | ||||||
| 03 | Bewegung eines Körpers zu der eines anderen, so verhält sich auch die | ||||||
| 04 | Größe ihrer Wirkung, aber wohl zu verstehen, der ganzen Wirkung. | ||||||
| 05 | Diejenige, welche blos die Größe eines mit Widerstande erfüllten Raums | ||||||
| 06 | (z. B. die Höhe, zu welcher ein Körper mit einer gewissen Geschwindigkeit | ||||||
| 07 | wider die Schwere steigen, oder die Tiefe, zu der derselbe in weiche Materien | ||||||
| 08 | dringen kann) zum Maße der ganzen Wirkung annahmen, brachten | ||||||
| 09 | ein anderes Gesetz der bewegenden Kräfte bei wirklichen Bewegungen | ||||||
| 10 | heraus, nämlich das des zusammengesetzten Verhältnisses aus dem der | ||||||
| 11 | Quantität der Materien und der Quadrate ihrer Geschwindigkeiten; allein | ||||||
| 12 | sie übersahen die Größe der Wirkung in der gegebenen Zeit, in welcher der | ||||||
| 13 | Körper seinen Raum mit kleinerer Geschwindigkeit zurücklegt, und diese | ||||||
| 14 | kann doch allein das Maß einer durch einen gegebenen gleichförmigen | ||||||
| 15 | Widerstand erschöpften Bewegung sein. Es kann also auch kein Unterschied | ||||||
| 16 | zwischen lebendigen und todten Kräften stattfinden, wenn die bewegende | ||||||
| 17 | Kräfte mechanisch, d. i. als diejenige, die die Körper haben, so | ||||||
| 18 | fern sie selbst bewegt sind, betrachtet werden, es mag nun die Geschwindigkeit | ||||||
| 19 | ihrer Bewegung endlich oder unendlich klein sein (bloße Bestrebung | ||||||
| 20 | zur Bewegung); vielmehr würde man weit schicklicher diejenigen Kräfte, | ||||||
| 21 | womit die Materie, wenn man auch von ihrer eigenen Bewegung, auch | ||||||
| 22 | sogar von der Bestrebung sich zu bewegen gänzlich abstrahirt, in andere | ||||||
| 23 | wirkt, folglich die ursprünglich bewegende Kräfte der Dynamik todte | ||||||
| 24 | Kräfte, alle mechanisch, d. i. durch eigene Bewegung, bewegende Kräfte, | ||||||
| 25 | dagegen lebendige Kräfte nennen können, ohne auf den Unterschied der | ||||||
| 26 | Geschwindigkeit zu sehen, deren Grad auch unendlich klein sein darf, wenn | ||||||
| 27 | ja noch diese Benennungen todter und lebendiger Kräfte beibehalten zu | ||||||
| 28 | werden verdienten. | ||||||
| 29 | Anmerkung. |
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| 30 | Wir wollen, um Weitläuftigkeit zu vermeiden, die Erläuterung der vorstehenden | ||||||
| 31 | drei Sätze in einer Anmerkung zusammenfassen. | ||||||
| 32 | Daß die Quantität der Materie nur als die Menge des Beweglichen (außerhalb | ||||||
| 33 | einander) könne gedacht werden, wie die Definition es aussagt, ist ein merkwürdiger | ||||||
| 34 | und Fundamentalsatz der allgemeinen Mechanik. Denn dadurch wird angezeigt: | ||||||
| 35 | daß Materie keine andere Größe habe als die, welche in der Menge des | ||||||
| 36 | Mannigfaltigen außerhalb einander besteht, folglich auch keinen Grad der | ||||||
| 37 | bewegenden Kraft mit gegebener Geschwindigkeit, der von dieser Menge unabhängig | ||||||
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