Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 310

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 betreffen, diese aber nichts anders als die Bestimmung der Existenz in der      
  02 Zeit nach nothwendigen Gesetzen sein kann, unter denen sie allein objectiv      
  03 gültig, mithin Erfahrung ist: so geht der Beweis nicht auf die synthetische      
  04 Einheit in der Verknüpfung der Dinge an sich selbst, sondern der Wahrnehmungen      
  05 und zwar dieser nicht in Ansehung ihres Inhalts, sondern      
  06 der Zeitbestimmung und des Verhältnisses des Daseins in ihr nach allgemeinen      
  07 Gesetzen. Diese allgemeinen Gesetze enthalten also die Nothwendigkeit      
  08 der Bestimmung des Daseins in der Zeit überhaupt (folglich nach      
  09 einer Regel des Verstandes a priori), wenn die empirische Bestimmung      
  10 in der relativen Zeit objectiv=gültig, mithin Erfahrung sein soll. Mehr      
  11 kann ich hier als in Prolegomenen nicht anführen, als nur daß ich dem      
  12 Leser, welcher in der langen Gewohnheit steckt, Erfahrung für eine blos      
  13 empirische Zusammensetzung der Wahrnehmungen zu halten, und daher      
  14 daran gar nicht denkt, daß sie viel weiter geht, als diese reichen, nämlich      
  15 empirischen Urtheilen Allgemeingültigkeit giebt und dazu einer reinen Verstandeseinheit      
  16 bedarf, die a priori vorhergeht, empfehle: auf diesen Unterschied      
  17 der Erfahrung von einem bloßen Aggregat von Wahrnehmungen      
  18 wohl Acht zu haben und aus diesem Gesichtspunkte die Beweisart zu beurtheilen.      
           
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§ 27.
     
           
  21 Hier ist nun der Ort, den Humischen Zweifel aus dem Grunde zu      
  22 heben. Er behauptete mit Recht: daß wir die Möglichkeit der Causalität,      
  23 d. i. der Beziehung des Daseins eines Dinges auf das Dasein von irgend      
  24 etwas anderem, was durch jenes nothwendig gesetzt werde, durch Vernunft      
  25 auf keine Weise einsehen. Ich setze noch hinzu: daß wir eben so wenig den      
  26 Begriff der Subsistenz, d. i. der Nothwendigkeit, darin einsehen, daß dem      
  27 Dasein der Dinge ein Subject zum Grunde liege, das selbst kein Prädicat      
  28 von irgend einem anderen Dinge sein könne, ja sogar daß wir uns keinen      
  29 Begriff von der Möglichkeit eines solchen Dinges machen können (obgleich      
  30 wir in der Erfahrung Beispiele seines Gebrauchs aufzeigen können), imgleichen      
  31 daß eben diese Unbegreiflichkeit auch die Gemeinschaft der Dinge      
  32 betreffe, indem gar nicht einzusehen ist, wie aus dem Zustande eines Dinges      
  33 eine Folge auf den Zustand ganz anderer Dinge außer ihm und so      
  34 wechselseitig könne gezogen werden, und wie Substanzen, deren jede doch      
  35 ihre eigene, abgesonderte Existenz hat, von einander und zwar nothwendig      
  36 abhängen sollen. Gleichwohl bin ich weit davon entfernt, diese Begriffe      
           
     

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