Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 172

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wie zwei bewegende Kräfte in derselben geraden Linie, so fern sie einen      
  02 Punkt in entgegengesetzter Richtung entweder ziehen oder drücken, oder      
  03 auch ein Vergnügen, was dem Schmerze die Wage hält.      
           
  04 3. Das Innere und Äußere. An einem Gegenstande des reinen      
  05 Verstandes ist nur dasjenige innerlich, welches gar keine Beziehung (dem      
  06 Dasein nach) auf irgend etwas von ihm Verschiedenes hat. Dagegen sind      
  07 die innere Bestimmungen einer substantia phaenomenon im Raume nichts      
  08 als Verhältnisse und sie selbst ganz und gar ein Inbegriff von lauter      
  09 Relationen. Die Substanz im Raume kennen wir nur durch Kräfte, die      
  10 in demselben wirksam sind, entweder andere dahin zu treiben (Anziehung),      
  11 oder vom Eindringen in ihn abzuhalten (Zurückstoßung und Undurchdringlichkeit);      
  12 andere Eigenschaften kennen wir nicht, die den Begriff von      
  13 der Substanz, die im Raume erscheint, und die wir Materie nennen, ausmachen.      
  14 Als Object des reinen Verstandes muß jede Substanz dagegen      
  15 innere Bestimmungen und Kräfte haben, die auf die innere Realität gehen.      
  16 Allein was kann ich mir für innere Accidenzen denken, als diejenigen, so      
  17 mein innerer Sinn mir darbietet, nämlich das, was entweder selbst ein      
  18 Denken, oder mit diesem analogisch ist. Daher machte Leibniz aus allen      
  19 Substanzen, weil er sie sich als Noumena vorstellte, selbst aus den Bestandtheilen      
  20 der Materie, nachdem er ihnen alles, was äußere Relation      
  21 bedeuten mag, mithin auch die Zusammensetzung in Gedanken genommen      
  22 hatte, einfache Subjecte, mit Vorstellungskräften begabt, mit      
  23 einem Worte Monaden.      
           
  24 4. Materie und Form. Dieses sind zwei Begriffe, welche aller andern      
  25 Reflexion zum Grunde gelegt werden, so sehr sind sie mit jedem Gebrauch      
  26 des Verstandes unzertrennlich verbunden. Der erstere bedeutet das      
  27 Bestimmbare überhaupt, der zweite dessen Bestimmung (beides in transscendentalem      
  28 Verstande, da man von allem Unterschiede dessen, was gegeben      
  29 wird, und der Art, wie es bestimmt wird, abstrahirt). Die Logiker      
  30 nannten ehedem das Allgemeine die Materie, den specifischen Unterschied      
  31 aber die Form. In jedem Urtheile kann man die gegebene Begriffe      
  32 logische Materie (zum Urtheile), das Verhältniß derselben (vermittelst der      
  33 Copula) die Form des Urtheils nennen. In jedem Wesen sind die Bestandstücke      
  34 desselben ( essentialia ) die Materie, die Art, wie sie in einem      
  35 Dinge verknüpft sind, die wesentliche Form. Auch wurde in Ansehung      
  36 der Dinge überhaupt unbegränzte Realität als die Materie aller Möglichkeit,      
  37 Einschränkung derselben aber (Negation) als diejenige Form angesehen,      
           
     

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