Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 057 |
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| 01 | Begriffe, die sich darbieten, ihrem Inhalte nach zu zergliedern und zur | ||||||
| 02 | Deutlichkeit zu bringen, sondern die noch wenig versuchte Zergliederung | ||||||
| 03 | des Verstandesvermögens selbst, um die Möglichkeit der Begriffe | ||||||
| 04 | a priori dadurch zu erforschen, daß wir sie im Verstande allein als | ||||||
| 05 | ihrem Geburtsorte aufsuchen und dessen reinen Gebrauch überhaupt analysiren; | ||||||
| 06 | denn dieses ist das eigenthümliche Geschäfte einer Transscendental | ||||||
| 07 | Philosophie; das übrige ist die logische Behandlung der Begriffe in | ||||||
| 08 | der Philosophie überhaupt. Wir werden also die reine Begriffe bis zu | ||||||
| 09 | ihren ersten Keimen und Anlagen im menschlichen Verstande verfolgen, in | ||||||
| 10 | denen sie vorbereitet liegen, bis sie endlich bei Gelegenheit der Erfahrung | ||||||
| 11 | entwickelt und durch eben denselben Verstand, von den ihnen anhängenden | ||||||
| 12 | empirischen Bedingungen befreiet, in ihrer Lauterkeit dargestellt werden. | ||||||
| 13 | Der |
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| 14 | Analytik der Begriffe |
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| 15 | Erstes Hauptstück. |
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| 16 | Von dem Leitfaden der Entdeckung aller reinen |
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| 17 | Verstandesbegriffe. |
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| 18 | Wenn man ein Erkenntnißvermögen ins Spiel setzt, so thun sich nach | ||||||
| 19 | den mancherlei Anlässen verschiedene Begriffe hervor, die dieses Vermögen | ||||||
| 20 | kennbar machen und sich in einem mehr oder weniger ausführlichen Aufsatz | ||||||
| 21 | sammeln lassen, nachdem die Beobachtung derselben längere Zeit oder | ||||||
| 22 | mit größerer Scharfsichtigkeit angestellt worden. Wo diese Untersuchung | ||||||
| 23 | werde vollendet sein, läßt sich nach diesem gleichsam mechanischen Verfahren | ||||||
| 24 | niemals mit Sicherheit bestimmen. Auch entdecken sich die Begriffe, | ||||||
| 25 | die man nur so bei Gelegenheit auffindet, in keiner Ordnung und systematischen | ||||||
| 26 | Einheit, sondern werden zuletzt nur nach Ähnlichkeiten gepaart | ||||||
| 27 | und nach der Größe ihres Inhalts von den einfachen an zu den mehr zusammengesetzten | ||||||
| 28 | in Reihen gestellt, die nichts weniger als systematisch, | ||||||
| 29 | obgleich auf gewisse Weise methodisch zu Stande gebracht werden. | ||||||
| 30 | Die Transscendental=Philosophie hat den Vortheil, aber auch die | ||||||
| 31 | Verbindlichkeit, ihre Begriffe nach einem Princip aufzusuchen: weil sie | ||||||
| 32 | aus dem Verstande als absoluter Einheit rein und unvermischt entspringen | ||||||
| 33 | und daher selbst nach einem Begriffe oder Idee unter sich zusammenhängen | ||||||
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