Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 538 |
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| 01 | Verstand, ohne darüber die Philosophen zu Rathe zu ziehen, ausrichten | ||||||
| 02 | können! | ||||||
| 03 | Ich will hier nicht das Verdienst rühmen, das Philosophie durch die | ||||||
| 04 | mühsame Bestrebung ihrer Kritik um die menschliche Vernunft habe; gesetzt, | ||||||
| 05 | es sollte auch beim Ausgange bloß negativ befunden werden; denn | ||||||
| 06 | davon wird in dem folgenden Abschnitte noch etwas vorkommen. Aber | ||||||
| 07 | verlangt ihr denn, daß ein Erkenntniß, welches alle Menschen angeht, den | ||||||
| 08 | gemeinen Verstand übersteigen und euch nur von Philosophen entdeckt | ||||||
| 09 | werden solle? Eben das, was ihr tadelt, ist die beste Bestätigung von der | ||||||
| 10 | Richtigkeit der bisherigen Behauptungen, da es das, was man anfangs | ||||||
| 11 | nicht vorhersehen konnte, entdeckt, nämlich daß die Natur in dem, was Menschen | ||||||
| 12 | ohne Unterschied angelegen ist, keiner parteiischen Austheilung ihrer | ||||||
| 13 | Gaben zu beschuldigen sei, und die höchste Philosophie in Ansehung der | ||||||
| 14 | wesentlichen Zwecke der menschlichen Natur es nicht weiter bringen könne, | ||||||
| 15 | als die Leitung, welche sie auch dem gemeinsten Verstande hat angedeihen | ||||||
| 16 | lassen. | ||||||
| 17 | Der transscendentalen Methodenlehre |
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| 18 | Drittes Hauptstück. |
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| 19 | Die Architektonik der reinen Vernunft. |
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| 20 | Ich verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil | ||||||
| 21 | die systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntniß allererst | ||||||
| 22 | zur Wissenschaft, d. i. aus einem bloßen Aggregat derselben ein System, | ||||||
| 23 | macht, so ist Architektonik die Lehre des Scientifischen in unserer Erkenntniß | ||||||
| 24 | überhaupt, und sie gehört also nothwendig zur Methodenlehre. | ||||||
| 25 | Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkenntnisse überhaupt | ||||||
| 26 | keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem | ||||||
| 27 | sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern | ||||||
| 28 | können. Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen | ||||||
| 29 | Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von | ||||||
| 30 | der Form eines Ganzen, so fern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen | ||||||
| 31 | sowohl, als die Stelle der Theile untereinander a priori bestimmt | ||||||
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