Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 443 |
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| 01 | Gegenstand zu bestimmen; im zweiten ist es wirklich nur ein Schema, dem | ||||||
| 02 | direct kein Gegenstand, auch nicht einmal hypothetisch zugegeben wird, | ||||||
| 03 | sondern welches nur dazu dient, um andere Gegenstände vermittelst der | ||||||
| 04 | Beziehung auf diese Idee nach ihrer systematischen Einheit, mithin indirect | ||||||
| 05 | uns vorzustellen. So sage ich, der Begriff einer höchsten Intelligenz | ||||||
| 06 | ist eine bloße Idee, d. i. seine objective Realität soll nicht darin bestehen, | ||||||
| 07 | daß er sich geradezu auf einen Gegenstand bezieht (denn in solcher Bedeutung | ||||||
| 08 | würden wir seine objective Gültigkeit nicht rechtfertigen können), | ||||||
| 09 | sondern er ist nur ein nach Bedingungen der größten Vernunfteinheit geordnetes | ||||||
| 10 | Schema von dem Begriffe eines Dinges überhaupt, welches nur | ||||||
| 11 | dazu dient, um die größte systematische Einheit im empirischen Gebrauche | ||||||
| 12 | unserer Vernunft zu erhalten, indem man den Gegenstand der Erfahrung | ||||||
| 13 | gleichsam von dem eingebildeten Gegenstande dieser Idee als seinem | ||||||
| 14 | Grunde oder Ursache ableitet. Alsdann heißt es z. B.: die Dinge der | ||||||
| 15 | Welt müssen so betrachtet werden, als ob sie von einer höchsten Intelligenz | ||||||
| 16 | ihr Dasein hätten. Auf solche Weise ist die Idee eigentlich nur ein heuristischer | ||||||
| 17 | und nicht ostensiver Begriff und zeigt an, nicht wie ein Gegenstand | ||||||
| 18 | beschaffen ist, sondern wie wir unter der Leitung desselben die Beschaffenheit | ||||||
| 19 | und Verknüpfung der Gegenstände der Erfahrung überhaupt | ||||||
| 20 | suchen sollen. Wenn man nun zeigen kann, daß, obgleich die dreierlei | ||||||
| 21 | transscendentalen Ideen (psychologische, kosmologische und theologische) | ||||||
| 22 | direct auf keinen ihnen correspondirenden Gegenstand und dessen | ||||||
| 23 | Bestimmung bezogen werden, dennoch alle Regeln des empirischen Gebrauchs | ||||||
| 24 | der Vernunft unter Voraussetzung eines solchen Gegenstandes | ||||||
| 25 | in der Idee auf systematische Einheit führen und die Erfahrungserkenntniß | ||||||
| 26 | jederzeit erweitern, niemals aber derselben zuwider sein können: so ist | ||||||
| 27 | es eine nothwendige Maxime der Vernunft, nach dergleichen Ideen zu | ||||||
| 28 | Verfahren. Und dieses ist die transscendentale Deduction aller Ideen der | ||||||
| 29 | speculativen Vernunft, nicht als constitutiver Principien der Erweiterung | ||||||
| 30 | unserer Erkenntniß über mehr Gegenstände, als Erfahrung geben | ||||||
| 31 | kann, sondern als regulativer Principien der systematischen Einheit des | ||||||
| 32 | Mannigfaltigen der empirischen Erkenntniß überhaupt, welche dadurch in | ||||||
| 33 | ihren eigenen Grenzen mehr angebauet und berichtigt wird, als es ohne | ||||||
| 34 | solche Ideen, durch den bloßen Gebrauch der Verstandesgrundsätze, geschehen | ||||||
| 35 | könnte. | ||||||
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