Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 297

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 stehe, so würde das Verhältniß der Welt zum leeren Raum ein Verhältniß      
  02 derselben zu keinem Gegenstande sein. Ein dergleichen Verhältniß      
  03 aber, mithin auch die Begrenzung der Welt durch den leeren Raum ist      
  04 nichts; also ist die Welt dem Raume nach gar nicht begrenzt, d. i. sie ist      
  05 in Ansehung der Ausdehnung unendlich.*)      
           
  06
Anmerkung zur ersten Antinomie.
     
           
  07
II zur Antithesis.
     
           
  08 Der Beweis für die Unendlichkeit der gegebenen Weltreihe und des      
  09 Weltinbegriffs beruht darauf: daß im entgegengesetzten Falle eine leere      
  10 Zeit, imgleichen ein leerer Raum die Weltgrenze ausmachen müßte. Nun      
  11 ist mir nicht unbekannt, daß wider diese Consequenz Ausflüchte gesucht      
  12 werden, indem man vorgiebt: es sei eine Grenze der Welt der Zeit und      
  13 dem Raume nach ganz wohl möglich, ohne daß man eben eine absolute      
  14 Zeit vor der Welt Anfang oder einen absoluten, außer der wirklichen Welt      
  15 ausgebreiteten Raum annehmen dürfe; welches unmöglich ist. Ich bin      
  16 mit dem letzteren Theile dieser Meinung der Philosophen aus der Leibnizischen      
           
    *) Der Raum ist bloß die Form der äußeren Anschauung (formale Anschauung), aber kein wirklicher Gegenstand, der äußerlich angeschauet werden kann. Der Raum vor allen Dingen, die ihn bestimmen (erfüllen oder begrenzen), oder die vielmehr eine seiner Form gemäße empirische Anschauung geben, ist unter dem Namen des absoluten Raumes nichts anderes, als die bloße Möglichkeit äußerer Erscheinungen, so fern sie entweder an sich existiren, oder zu gegebenen Erscheinungen noch hinzu kommen können. Die empirische Anschauung ist also nicht zusammengesetzt aus Erscheinungen und dem Raume (der Wahrnehmung und der leeren Anschauung). Eines ist nicht des andern Correlatum der Synthesis, sondern nur in einer und derselben empirischen Anschauung verbunden, als Materie und Form derselben. Will man eines dieser zwei Stücke außer dem anderen setzen (Raum außerhalb allen Erscheinungen), so entstehen daraus allerlei leere Bestimmungen der äußeren Anschauung, die doch nicht mögliche Wahrnehmungen sind: z. B. Bewegung oder Ruhe der Welt im unendlichen leeren Raum, eine Bestimmung des Verhältnisses beider untereinander, welche niemals wahrgenommen werden kann und also auch das Prädicat eines bloßen Gedankendinges ist.      
           
     

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