Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 270 |
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| 01 | Daß diese Auflösung des berühmten Arguments in einem Paralogism | ||||||
| 02 | so ganz richtig sei, erhellt deutlich, wenn man die allgemeine Anmerkung | ||||||
| 03 | zur systematischen Vorstellung der Grundsätze und den Abschnitt | ||||||
| 04 | von den Noumenen hiebei nachsehen will, da bewiesen worden: daß der | ||||||
| 05 | Begriff eines Dinges, was für sich selbst als Subject, nicht aber als bloßes | ||||||
| 06 | Prädicat existiren kann, noch gar keine objective Realität bei sich führe, | ||||||
| 07 | d. i. daß man nicht wissen könne, ob ihm überall ein Gegenstand zukommen | ||||||
| 08 | könne, indem man die Möglichkeit einer solchen Art zu existiren | ||||||
| 09 | nicht einsieht, folglich daß er schlechterdings keine Erkenntniß abgebe. | ||||||
| 10 | Soll er also unter der Benennung einer Substanz ein Object, das gegeben | ||||||
| 11 | werden kann, anzeigen; soll er ein Erkenntniß werden: so muß eine beharrliche | ||||||
| 12 | Anschauung, als die unentbehrliche Bedingung der objectiven | ||||||
| 13 | Realität eines Begriffs, nämlich das, wodurch allein der Gegenstand gegeben | ||||||
| 14 | wird, zum Grunde gelegt werden. Nun haben wir aber in der | ||||||
| 15 | inneren Anschauung gar nichts Beharrliches, denn das Ich ist nur das | ||||||
| 16 | Bewußtsein meines Denkens; also fehlt es uns auch, wenn wir bloß beim | ||||||
| 17 | Denken stehen bleiben, an der nothwendigen Bedingung, den Begriff der | ||||||
| 18 | Substanz, d. i. eines für sich bestehenden Subjects, auf sich selbst als denkend | ||||||
| 19 | Wesen anzuwenden; und die damit verbundene Einfachheit der Substanz | ||||||
| 20 | fällt mit der objectiven Realität dieses Begriffs gänzlich weg und | ||||||
| 21 | wird in eine bloße logische, qualitative Einheit des Selbstbewußtseins | ||||||
| 22 | im Denken überhaupt, das Subject mag zusammengesetzt sein oder nicht, | ||||||
| 23 | verwandelt. | ||||||
| 24 | Widerlegung des Mendelssohnschen Beweises |
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| 25 | der Beharrlichkeit der Seele. |
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| 26 | Dieser scharfsinnige Philosoph merkte bald in dem gewöhnlichen Argumente, | ||||||
| 27 | dadurch bewiesen werden soll, daß die Seele (wenn man einräumt, | ||||||
| 28 | sie sei ein einfaches Wesen) nicht durch Zertheilung zu sein aufhören | ||||||
| 29 | könne, einen Mangel der Zulänglichkeit zu der Absicht, ihr die nothwendige | ||||||
| 30 | Fortdauer zu sichern, indem man noch ein Aufhören ihres Daseins | ||||||
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