Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 267

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 um der Kürze willen ihre Prüfung in einem ununterbrochenen Zusammenhange      
  02 fortgehen lassen.      
           
  03 Zuvörderst kann folgende allgemeine Bemerkung unsere Achtsamkeit      
  04 auf diese Schlußart schärfen. Nicht dadurch, daß ich bloß denke, erkenne      
  05 ich irgend ein Object, sondern nur dadurch, daß ich eine gegebene Anschauung      
  06 in Absicht auf die Einheit des Bewußtseins, darin alles Denken      
  07 besteht, bestimme, kann ich irgend einen Gegenstand erkennen. Also erkenne      
  08 ich mich nicht selbst dadurch, daß ich mich meiner als denkend bewußt      
  09 bin, sondern wenn ich mir die Anschauung meiner selbst, als in Ansehung      
  10 der Function des Denkens bestimmt, bewußt bin. Alle modi      
  11 des Selbstbewußtseins im Denken an sich sind daher noch keine Verstandesbegriffe      
  12 von Objecten (Kategorien), sondern bloße logische Functionen,      
  13 die dem Denken gar keinen Gegenstand, mithin mich selbst auch nicht als      
  14 Gegenstand zu erkennen geben. Nicht das Bewußtsein des bestimmenden,      
  15 sondern nur das des bestimmbaren Selbst, d. i. meiner inneren      
  16 Anschauung (so fern ihr Mannigfaltiges der allgemeinen Bedingung der      
  17 Einheit der Apperception im Denken gemäß verbunden werden kann), ist      
  18 das Object.      
           
  19 1) In allen Urtheilen bin ich nun immer das bestimmende Subject      
  20 desjenigen Verhältnisses, welches das Urtheil ausmacht. Daß aber Ich,      
  21 der ich denke, im Denken immer als Subject und als etwas, was nicht      
  22 bloß wie Prädicat dem Denken anhängend betrachtet werden kann, gelten      
  23 müsse, ist ein apodiktischer und selbst identischer Satz; aber er bedeutet      
  24 nicht, daß ich als Object ein für mich selbst bestehendes Wesen oder      
  25 Substanz sei. Das letztere geht sehr weit, erfordert daher auch Data,      
  26 die im Denken gar nicht angetroffen werden, vielleicht (so fern ich bloß das      
  27 denkende als ein solches betrachte) mehr, als ich überall (in ihm) jemals      
  28 antreffen werde.      
           
  29 2) Daß das Ich der Apperception folglich in jedem Denken ein      
  30 Singular sei, der nicht in eine Vielheit der Subjecte aufgelöset werden      
  31 kann, mithin ein logisch einfaches Subject bezeichne, liegt schon im Begriffe      
  32 des Denkens, ist folglich ein analytischer Satz; aber das bedeutet      
  33 nicht, daß das denkende Ich eine einfache Substanz sei, welches ein synthetischer      
  34 Satz sein würde. Der Begriff der Substanz bezieht sich immer      
  35 auf Anschauungen, die bei mir nicht anders als sinnlich sein können, mithin      
  36 ganz außer dem Felde des Verstandes und seinem Denken liegen, von      
  37 welchem doch eigentlich hier nur geredet wird, wenn gesagt wird, daß das      
           
     

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