Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 137

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 überhaupt erfordert wird, aufzuhalten, wollen wir sie lieber nach der Ordnung      
  02 der Kategorien und in Verknüpfung mit diesen darstellen.      
           
  03 Das reine Bild aller Größen ( quantorum ) vor dem äußern Sinne      
  04 ist der Raum, aller Gegenstände der Sinne aber überhaupt die Zeit. Das      
  05 reine Schema der Größe aber ( quantitatis ) als eines Begriffs des      
  06 Verstandes ist die Zahl, welche eine Vorstellung ist, die die successive      
  07 Addition von Einem zu Einem (gleichartigen) zusammenbefaßt. Also ist      
  08 die Zahl nichts anders als die Einheit der Synthesis des Mannigfaltigen      
  09 einer gleichartigen Anschauung überhaupt, dadurch daß ich die Zeit selbst      
  10 in der Apprehension der Anschauung erzeuge.      
           
  11 Realität ist im reinen Verstandesbegriffe das, was einer Empfindung      
  12 überhaupt correspondirt, dasjenige also, dessen Begriff an sich selbst ein      
  13 Sein (in der Zeit) anzeigt; Negation, dessen Begriff ein Nichtsein (in der      
  14 Zeit) vorstellt. Die Entgegensetzung beider geschieht also in dem Unterschiede      
  15 derselben Zeit, als einer erfüllten oder leeren Zeit. Da die Zeit      
  16 nur die Form der Anschauung, mithin der Gegenstände als Erscheinungen      
  17 ist, so ist das, was an diesen der Empfindung entspricht, die transscendentale      
  18 Materie aller Gegenstände als Dinge an sich (die Sachheit, Realität).      
  19 Nun hat jede Empfindung einen Grad oder Größe, wodurch sie dieselbe      
  20 Zeit, d. i. den innern Sinn, in Ansehung derselben Vorstellung eines      
  21 Gegenstandes mehr oder weniger erfüllen kann, bis sie in Nichts (= 0      
  22 = negatio ) aufhört. Daher ist ein Verhältniß und Zusammenhang, oder      
  23 vielmehr ein Übergang von Realität zur Negation, welcher jede Realität      
  24 als ein Quantum vorstellig macht; und das Schema einer Realität als      
  25 der Quantität von Etwas, so fern es die Zeit erfüllt, ist eben diese continuirliche      
  26 und gleichförmige Erzeugung derselben in der Zeit, indem man      
  27 von der Empfindung, die einen gewissen Grad hat, in der Zeit bis zum      
  28 Verschwinden derselben hinabgeht, oder von der Negation zu der Größe      
  29 derselben allmählig aufsteigt.      
           
  30 Das Schema der Substanz ist die Beharrlichkeit des Realen in der      
  31 Zeit, d. i. die Vorstellung desselben als eines Substratum der empirischen      
  32 Zeitbestimmung überhaupt, welches also bleibt, indem alles andre wechselt.      
  33 (Die Zeit verläuft sich nicht, sondern in ihr verläuft sich das Dasein des      
  34 Wandelbaren. Der Zeit also, die selbst unwandelbar und bleibend ist,      
  35 correspondirt in der Erscheinung das Unwandelbare im Dasein, d. i. die      
  36 Substanz, und bloß an ihr kann die Folge und das Zugleichsein der Erscheinungen      
  37 der Zeit nach bestimmt werden.)      
           
           
     

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