Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 042 |
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| 01 | vorgelegt sind, zu thun hat; da es denn, wenn sie zuvor ihr eigen Vermögen | ||||||
| 02 | in Ansehung der Gegenstände, die ihr in der Erfahrung vorkommen | ||||||
| 03 | mögen, vollständig hat kennen lernen, leicht werden muß, den Umfang | ||||||
| 04 | und die Grenzen ihres über alle Erfahrungsgrenzen versuchten Gebrauchs | ||||||
| 05 | vollständig und sicher zu bestimmen. | ||||||
| 06 | Man kann also und muß alle bisher gemachte Versuche, eine Metaphysik | ||||||
| 07 | dogmatisch zu Stande zu bringen, als ungeschehen ansehen; denn | ||||||
| 08 | was in der einen oder der anderen Analytisches, nämlich bloße Zergliederung | ||||||
| 09 | der Begriffe, ist, die unserer Vernunft a priori beiwohnen, ist noch | ||||||
| 10 | gar nicht der Zweck, sondern nur eine Veranstaltung zu der eigentlichen | ||||||
| 11 | Metaphysik, nämlich seine Erkenntniß a priori synthetisch zu erweitern, | ||||||
| 12 | und ist zu diesem untauglich, weil sie bloß zeigt, was in diesen Begriffen | ||||||
| 13 | enthalten ist, nicht aber, wie wir a priori zu solchen Begriffen gelangen, | ||||||
| 14 | um darnach auch ihren gültigen Gebrauch in Ansehung der Gegenstände | ||||||
| 15 | aller Erkenntniß überhaupt bestimmen zu können. Es gehört auch nur | ||||||
| 16 | wenig Selbstverleugnung dazu, alle diese Ansprüche aufzugeben, da die | ||||||
| 17 | nicht abzuleugnende und im dogmatischen Verfahren auch unvermeidliche | ||||||
| 18 | Widersprüche der Vernunft mit sich selbst jede bisherige Metaphysik schon | ||||||
| 19 | längst um ihr Ansehen gebracht haben. Mehr Standhaftigkeit wird dazu | ||||||
| 20 | nöthig sein, sich durch die Schwierigkeit innerlich und den Widerstand | ||||||
| 21 | äußerlich nicht abhalten zu lassen, eine der menschlichen Vernunft unentbehrliche | ||||||
| 22 | Wissenschaft, von der man wohl jeden hervorgeschossenen Stamm | ||||||
| 23 | abhauen, die Wurzel aber nicht ausrotten kann, durch eine andere, der bisherigen | ||||||
| 24 | ganz entgegengesetzte Behandlung endlich einmal zu einem gedeihlichen | ||||||
| 25 | und fruchtbaren Wuchse zu befördern. | ||||||
| 26 | VII |
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| 27 | Idee und Eintheilung einer besonderen Wissenschaft unter |
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| 28 | dem Namen einer Kritik der reinen Vernunft. |
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| 29 | Aus diesem allem ergiebt sich nun die Idee einer besondern Wissenschaft, | ||||||
| 30 | die Kritik der reinen Vernunft heißen kann. Denn Vernunft | ||||||
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