Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 039 |
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| 01 | Beharrlichkeit, sondern bloß ihre Gegenwart im Raume durch die Erfüllung | ||||||
| 02 | desselben. Also gehe ich wirklich über den Begriff von der Materie | ||||||
| 03 | hinaus, um etwas a priori zu ihm hinzuzudenken, was ich in ihm nicht | ||||||
| 04 | dachte. Der Satz ist also nicht analytisch, sondern synthetisch und dennoch | ||||||
| 05 | a priori gedacht, und so in den übrigen Sätzen des reinen Theils der Naturwissenschaft. | ||||||
| 07 | 3. In der Metaphysik, wenn man sie auch nur für eine bisher | ||||||
| 08 | bloß versuchte, dennoch aber durch die Natur der menschlichen Vernunft | ||||||
| 09 | unentbehrliche Wissenschaft ansieht, sollen synthetische Erkenntnisse | ||||||
| 10 | a priori enthalten sein, und es ist ihr gar nicht darum zu thun, Begriffe, | ||||||
| 11 | die wir uns a priori von Dingen machen, bloß zu zergliedern und | ||||||
| 12 | dadurch analytisch zu erläutern, sondern wir wollen unsere Erkenntniß | ||||||
| 13 | a priori erweitern, wozu wir uns solcher Grundsätze bedienen müssen, die | ||||||
| 14 | über den gegebenen Begriff etwas hinzuthun, was in ihm nicht enthalten | ||||||
| 15 | war, und durch synthetische Urtheile a priori wohl gar so weit hinausgehen, | ||||||
| 16 | daß uns die Erfahrung selbst nicht so weit folgen kann, z. B. in | ||||||
| 17 | dem Satze: die Welt muß einen ersten Anfang haben u. a. m.; und so | ||||||
| 18 | besteht Metaphysik wenigstens ihrem Zwecke nach aus lauter synthetischen | ||||||
| 19 | Sätzen a priori. | ||||||
| 20 | VI |
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| 21 | Allgemeine Aufgabe der reinen Vernunft. |
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| 22 | Man gewinnt dadurch schon sehr viel, wenn man eine Menge von | ||||||
| 23 | Untersuchungen unter die Formel einer einzigen Aufgabe bringen kann. | ||||||
| 24 | Denn dadurch erleichtert man sich nicht allein selbst sein eigenes Geschäfte, | ||||||
| 25 | indem man es sich genau bestimmt, sondern auch jedem anderen, der es | ||||||
| 26 | prüfen will, das Urtheil, ob wir unserem Vorhaben ein Gnüge gethan | ||||||
| 27 | haben oder nicht. Die eigentliche Aufgabe der reinen Vernunft ist | ||||||
| 28 | nun in der Frage enthalten: Wie sind synthetische Urtheile a priori | ||||||
| 29 | möglich? | ||||||
| 30 | Daß die Metaphysik bisher in einem so schwankenden Zustande der | ||||||
| 31 | Ungewißheit und Widersprüche geblieben ist, ist lediglich der Ursache zuzuschreiben, | ||||||
| 32 | daß man sich diese Aufgabe und vielleicht sogar den Unterschied | ||||||
| 33 | der analytischen und synthetischen Urtheile nicht früher in | ||||||
| 34 | Gedanken kommen ließ. Auf der Auflösung dieser Aufgabe, oder einem | ||||||
| 35 | genugthuenden Beweise, daß die Möglichkeit, die sie erklärt zu wissen | ||||||
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