Kant: AA II, Von den verschiedenen Racen ... , Seite 435

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Der Zufall, oder allgemeine mechanische Gesetze können solche Zusammenpassungen      
  02 nicht hervorbringen. Daher müssen wir dergleichen gelegentliche      
  03 Auswickelungen als vorgebildet ansehn. Allein selbst da, wo      
  04 sich nichts Zweckmäßiges zeigt, ist das bloße Vermögen, seinen besondern      
  05 angenommenen Charakter fortzupflanzen, schon Beweises genug: daß dazu      
  06 ein besonderer Keim oder natürliche Anlage in dem organischen Geschöpf      
  07 anzutreffen gewesen. Denn äußere Dinge können wohl Gelegenheits=,      
  08 aber nicht hervorbringende Ursachen von demjenigen sein, was nothwendig      
  09 anerbt und nachartet. So wenig als der Zufall oder physisch=mechanische      
  10 Ursachen einen organischen Körper hervorbringen können, so wenig werden      
  11 sie zu seiner Zeugungskraft etwas hinzusetzen, d. i. etwas bewirken, was      
  12 sich selbst fortpflanzt, wenn es eine besondere Gestalt oder Verhältniß der      
  13 Theile ist.*) Luft, Sonne und Nahrung können einen thierischen Körper      
  14 in seinem Wachsthume modificiren, aber diese Veränderung nicht zugleich      
  15 mit einer zeugenden Kraft versehen, die vermögend wäre, sich selbst auch      
  16 ohne diese Ursache wieder hervorzubringen; sondern was sich fortpflanzen      
  17 soll, muß in der Zeugungskraft schon vorher gelegen haben, als vorher      
  18 bestimmt zu einer gelegentlichen Auswickelung den Umständen gemäß,      
  19 darein das Geschöpf gerathen kann, und in welchen es sich beständig erhalten      
  20 soll. Denn in die Zeugungskraft muß nichts dem Thiere Fremdes      
  21 hinein kommen können, was vermögend wäre, das Geschöpf nach und      
  22 nach von seiner ursprünglichen und wesentlichen Bestimmung zu entfernen      
  23 und wahre Ausartungen hervorzubringen, die sich perpetuirten.      
           
  24 Der Mensch war für alle Klimaten und für jede Beschaffenheit des      
  25 Bodens bestimmt; folglich mußten in ihm mancherlei Keime und natürliche      
  26 Anlagen bereit liegen, um gelegentlich entweder ausgewickelt oder zurückgehalten      
  27 zu werden, damit er seinem Platze in der Welt angemessen würde      
  28 und in dem Fortgange der Zeugungen demselben gleichsam angeboren und      
  29 dafür gemacht zu sein schiene. Wir wollen nach diesen Begriffen die ganze      
  30 Menschengattung auf der weiten Erde durchgehn und daselbst zweckmäßige      
  31 Ursachen seiner Abartungen anführen, wo die natürlichen nicht wohl einzusehen      
  32 sind, hingegen natürliche, wo wir die Zwecke nicht gewahr werden.      
  33 Hier merke ich nur an: daß Luft und Sonne diejenigen Ursachen zu sein      
           
    *) Krankheiten sind bisweilen erblich. Aber diese bedürfen keiner Organisation, sondern nur eines Ferments schädlicher Säfte, die sich durch Ansteckung fortpflanzen. Sie arten auch nicht nothwendig an.      
           
     

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