Kant: AA II, Von den verschiedenen Racen ... , Seite 432

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01
2. Eintheilung der Menschengattung in ihre
     
  02
verschiedene Racen.
     
           
  03 Ich glaube, man habe nur nöthig, vier Racen derselben anzunehmen,      
  04 um alle dem ersten Blick kenntliche und sich perpetuirende Unterschiede      
  05 davon ableiten zu können. Sie sind 1) die Race der Weißen, 2) die      
  06 Negerrace, 3) die hunnische (mungalische oder kalmuckische) Race, 4)      
  07 die hinduische oder hindistanische Race. Zu der erstern, die ihren vornehmsten      
  08 Sitz in Europa hat, rechne ich noch die Mohren (Mauren von      
  09 Afrika), die Araber (nach dem Niebuhr), den türkisch=tatarischen Völkerstamm      
  10 und die Perser, imgleichen alle übrige Völker von Asien, die nicht      
  11 durch die übrigen Abtheilungen namentlich davon ausgenommen sind. Die      
  12 Negerrace der nordlichen Halbkugel ist bloß in Afrika, die der südlichen      
  13 (außerhalb Afrika) vermuthlich nur in Neuguinea eingeboren ( Autochthones ),      
  14 in einigen benachbarten Inseln aber bloße Verpflanzungen. Die      
  15 kalmuckische Race scheint unter den Koschottischen am reinsten, unter den      
  16 Torgöts etwas, unter den Dsingorischen mehr mit tatarischem Blute vermischt      
  17 zu sein und ist eben dieselbe, welche in den ältesten Zeiten den Namen      
  18 der Hunnen, später den Namen der Mungalen (in weiter Bedeutung)      
  19 und jetzt der Ölöts führt. Die hindistanische Race ist in dem Lande dieses      
  20 Namens sehr rein und uralt, aber von dem Volke auf der jenseitigen Halbinsel      
  21 Indiens unterschieden. Von diesen vier Racen glaube ich alle übrige      
  22 erbliche Völkercharaktere ableiten zu können: entweder als vermischte      
  23 oder angehende Racen, wovon die erste aus der Vermischung verschiedener      
  24 entsprungen ist, die zweite in dem Klima noch nicht lange genug gewohnt      
  25 hat, um den Charakter der Race desselben völlig anzunehmen. So      
  26 hat die Vermischung des tatarischen mit dem hunnischen Blute an den Karakalpaken,      
  27 den Nagajen und andern Halbracen hervorgebracht. Das hindistanische      
  28 Blut, vermischt mit dem der alten Scythen (in und um Tibet)      
  29 und mehr oder weniger von dem hunnischen, hat vielleicht die Bewohner      
  30 der jenseitigen Halbinsel Indiens, die Tonkinesen und Schinesen, als eine      
  31 vermischte Race erzeugt. Die Bewohner der nördlichen Eisküste Asiens      
  32 sind ein Beispiel einer angehenden hunnischen Race, wo sich schon das      
  33 durchgängig schwarze Haar, das bartlose Kinn, das flache Gesicht und      
  34 langgeschlitzte, wenig geöffnete Augen zeigen: die Wirkung der Eiszone      
  35 an einem Volke, welches in spätern Zeiten aus milderem Himmelsstriche      
  36 in diese Sitze getrieben worden, so wie die Seelappen, ein Abstamm des      
           
     

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