Kant: AA II, Untersuchung über die ... , Seite 286

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dasjenige besonders auszeichne, was man gewiß weiß, wenn es auch wenig      
  02 wäre, obgleich man auch Versuche von ungewissen Erkenntnissen machen      
  03 kann, um zu sehen, ob sie nicht auf die Spur der gewissen Erkenntniß      
  04 führen dürften, so doch, daß man sie nicht mit den ersteren vermengt. Ich      
  05 führe die andre Verhaltungsregeln nicht an, die diese Methode mit jeder      
  06 andern vernünftigen gemein hat, und schreite nur dazu, sie durch Beispiele      
  07 deutlich zu machen.      
           
  08 Die ächte Methode der Metaphysik ist mit derjenigen im Grunde      
  09 einerlei, die Newton in die Naturwissenschaft einführte, und die daselbst      
  10 von so nutzbaren Folgen war. Man soll, heißt es daselbst, durch sichere      
  11 Erfahrungen, allenfalls mit Hülfe der Geometrie die Regeln aufsuchen,      
  12 nach welchen gewisse Erscheinungen der Natur vorgehen. Wenn man gleich      
  13 den ersten Grund davon in den Körpern nicht einsieht, so ist gleichwohl      
  14 gewiß, daß sie nach diesem Gesetze wirken, und man erklärt die verwickelte      
  15 Naturbegebenheiten, wenn man deutlich zeigt, wie sie unter diesen wohlerwiesenen      
  16 Regeln enthalten seien. Eben so in der Metaphysik: suchet      
  17 durch sichere innere Erfahrung, d. i. ein unmittelbares augenscheinliches      
  18 Bewußtsein, diejenige Merkmale auf, die gewiß im Begriffe von irgend      
  19 einer allgemeinen Beschaffenheit liegen, und ob ihr gleich das ganze Wesen      
  20 der Sache nicht kennet, so könnt ihr euch doch derselben sicher bedienen,      
  21 um vieles in dem Dinge daraus herzuleiten.      
           
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Beispiel
     
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der einzig sichern Methode der Metaphysik an der Erkenntniß
     
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der Natur der Körper.
     
           
  25 Ich beziehe mich um der Kürze willen auf einen Beweis, der in der      
  26 ersten Betrachtung am Ende des zweiten §phs mit wenigem angezeigt      
  27 wird, um den Satz zuerst hier zum Grunde zu legen: daß ein jeder Körper      
  28 aus einfachen Substanzen bestehen müsse. Ohne daß ich ausmache,      
  29 was ein Körper sei, weiß ich doch gewiß, daß er aus Theilen besteht, die      
  30 existiren würden, wenn sie gleich nicht verbunden wären; und wenn der      
  31 Begriff einer Substanz ein abstrahirter Begriff ist, so ist er es ohne Zweifel      
  32 von den körperlichen Dingen der Welt. Allein es ist auch nicht einmal      
  33 nöthig, sie Substanzen zu nennen, genug, daß hieraus mit größter Gewißheit      
  34 gefolgert werden kann, ein Körper bestehe aus einfachen Theilen,      
  35 wovon die augenscheinliche Zergliederung leicht, aber hier zu weitläuftig      
           
     

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