Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 118

     
           
 

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  01 da es einem von den Versuchtesten in dieser Art der Betrachtung      
  02 nicht gelungen ist es zu erreichen?      
           
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§ 107.
     
           
  04 Eben, da ich im Begriffe bin, die Widerlegung der Das Argument    
  05 Gründe, worauf die berühmteste Leibnizianer ihre Kräftenschätzung des Herrn von    
  06 gründen, mit dem vorhergehenden Falle zu beschließen, Musschenbroek.    
  07 erhalte ich die vom Herrn Professor Gottscheden übersetzte      
  08 Grundlehren der Naturwissenschaft des Herrn Peters von      
  09 Musschenbroek, die in der Ostermesse dieses 1747sten Jahres an      
  10 das Licht getreten sind. Dieser große Mann, der größte unter den      
  11 Naturforschern dieser Zeit, an dessen Meinungen das Vorurtheil und      
  12 der Secteneifer weniger als an irgend eines andern Menschen Lehrsätzen      
  13 einen Antheil hat, dieser so berühmte Philosoph hat die Schätzung      
  14 des Herrn von Leibniz erstlich seiner mathematischen Untersuchung,      
  15 hernach den Versuchen, die er so geschickt zu machen weiß, unterworfen      
  16 und in beiden bewährt befunden. Dieser letztere Weg, den er genommen      
  17 hat, gehört nicht zu gegenwärtigem Hauptstücke; allein der      
  18 erstere gehört zu demselben. Die Absicht dieser Abhandlung erfordert      
  19 es von mir, die Schwierigkeiten, die der berühmte Verfasser daselbst      
  20 der Schätzung des Cartesius macht, zu erwägen und sie wo möglich      
  21 von dem Gegenstande, dessen Vertheidigung unser Geschäfte ist, abzuwenden.      
  22 Werden mir aber nicht die enge Gränzen dieser Blätter, oder,      
  23 damit ich mich offenherzig ausdrücke, die erstaunliche Ungleichheit, die      
  24 sich hier hervorthut, unüberwindliche Hindernisse setzen?      
           
  25 Laßt uns sehen, was für Gründe es gewesen sind, die ihm in der      
  26 mathematischen Erwägung Leibnizens Gesetz zu beweisen geschienen      
  27 haben.*) Wenn eine gewisse äußerliche Ursache, die sich mit dem gedrückten      
  28 Körper zugleich mit bewegt, z.E. eine Feder BC die, an      
  29 dem Widerhalte AS befestigt, einen Körper F fortstößt, gegeben ist:      
  30 so wird sie demselben, wenn er in Ruhe ist, 1 Grad Geschwindigkeit      
  31 ertheilen. So bald aber dieser Körper diesen Grad schon besitzt, so      
  32 werden zweimal mehr Federn erfordert, ihm den zweiten Grad der      
  33 Geschwindigkeit zu geben. Denn wenn sich die einfache Feder noch      
  34 einmal allein ausstreckte, so würde der Körper, der sich schon mit eben      
           
    *) Fig. XVI.      
           
     

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